Fronleichnam in Komotau
nach einer Schilderung von Karl Pietsch, Wausau (USA) +
und Webmaster Helmut Mürling
Liebe Christen aus Komotau und Umgebung,
die folgende Beschreibung der Komotauer Fronleichnamsprozession ist ein "Gedächtnisprotokoll", das so abgelaufen sein kann. Sicher ist nur der Aussenaltar am Marktplatz, der durch ein Photo belegt ist. Die anderen 3 Altäre könnten auch woanders gestanden haben. Der Webmaster tat sich schwer, den Weg der Prozession nachzuvollziehen und bittet um Hilfe, wenn es anders war.
Die Bilder unten zeigen die Fronleichnamsfeier im Jahre 2007. Eine "Prozession" gab es nur von der Dekanalkirche zur Dreifaltigkeitssäule und zurück. Immerhin sang man unser "O Engel Gottes.." auf tschechisch in originalen Melodie.
Fronleichnam, das Fest der Einsetzung des allerheiligsten Altarssakramentes, wird immer am 2. Donnerstag nach Pfingsten gefeiert. Eigentlicher Gedenktag wäre der Gründonnerstag. Jedoch erlaubt das Leiden und Sterben des Herren für diesen Tag der Kirche kein großes Feiern. Für Feiern im Freien war es Ende März- Anfang April außerdem draußen zu kalt. Deswegen wurde in alter Zeit das Fronleichnamsfest auf diesen Termin verlegt.
Das Fronleichnamsfest war während unserer Schulzeit immer etwas besonnderes. Es war jedenfalls ein Feiertag, der für uns Schulkinder zu einem außerordentlichen Erlebnis wurde.
Die Vorbereitungen begannen bereits am Vortag. Wir suchten die Felder und Wiesen auf, auf denen massenweise die Feldstiefmütterchen wuchsen. Wir sammelten davon volle Körbchen. Daheim trennte man die Blüten von den Stengeln. Diese wurden dann in besonders kleine Handkörbchen, speziell zur Prozession angefertigt, gefüllt. Diese Körbchen waren noch mit einem spitzenähnlichen Papier ausgelegt.
Am Festtag selbst ging es früh aus den Federn. Wir Buben bekamen manchmal noch einen neuen Anzug. Die Mädchen waren besonders schön herausgeputzt. Grundsätzlich weiße Kleider, schöne Maschen im Haar. Die Haare mit der Brennschere gekräußelt und natürlich das Blütenkörbchen in der Hand. Vor unserer Schule in der Gabelsberger Straße versammelten wir uns und gingen dann in Begleitung unseres Lehrers zur Ignatiuskirche.
Der ganze Marktplatz war in der Regel schon bevölkert. Da standen in Reih und Glied die Schützen, die Veteranen und die Feuerwehr. Die Mädchen durften hinein in die Kirche. Wir Buben plazierten uns in der Regel hinter dem Schützenverein und vor dem Pandev in der Steingasse. Der Pandev war unsere "Eisdiele". Sie lag im Gebäude des Invaliden- Kinos und hatte zu dieser Jahreszeit vermutlich erstmals geöffnet. Im Fenster stand ein Mohr, der mit dem Kopf nickte und dabei Eis leckte. Wer von uns Geld hatte, ging schnell ins Geschäft und kaufte sich ein Eis.
Durch die Basilika erklang hier das erstemal das altbekannte Komotauer Fronleichnamslied. Die Glocken der Ignatiuskirche verkündeten das heilige Geschehen der Wandlung am Hochaltar der Kirche. Der Schützenhauptmann trat vor und befahl seinen Schützen: "Hoch an! Feuer!" Dann knallte es oft nicht nur einmal, sondern mehrfach. Das war feierlich und begeisternd.
Nach der Kommunion kam Bewegung in die Reihen. Die Prozession formierte sich. Die Seitentür der Ignatiuskirche ging auf. Heraus kam der Zug der Blumenmädchen, die ihre Blüten auf den Weg streuten. Einige Mädchen trugen die Leidenswerkzeuge der Marter Christi. Danach kamen die Ministranten, die mit ihren Handglocken läuteten, das Inzenspaar mit dem Weihrauch und schließlich der Himmel. Diesen trugen vier angesehene Bürger. Unter dem Himmel schritt der Dechant mit dem Allerheiligsten. Meist beweihräucherte ein Kaplan das Sanctissimum während des ganzen Ganges.
Die Prozession setzte sich nun in Richtung Steingasse in Bewegung. Sie bog dann gleich nach links in die Fleischbankgasse ab. Die Musikkapelle spielte auf und es wurde mit Inbrunst unser vielstrophiges Fronleichnamslied gesungen:
"O Engel Gottes eilt hernieder,
Und stimmet ein in unsre Lieder.
Der Tag ist festlich uns und Euch.
Das Himmelsbrot, das wir heut ehren
Mit dem sich unsre Seelen nähren
Dies Brot macht Mensch und Engel gleich
Zwischen den Liedstrophen beteten wir immer ein Vaterunser und Ave Maria.
Wir Buben marschierten zwischen Feuerwehr, Schützen und Veteranen mit. Vor dem Postamt war der erste Altar aufgebaut. Vor dem Altar streuten die weißen Mädchen wieder Blumen, bevor die Geistlichkeit den Altar betrat. Ein Kapitel des Matthäusevangeliums wurde auf deutsch verkündet und die Fürbitten für Volk, Vaterland und die Regierenden. Zum Abschluß der Gesang des lateinischen Tantum ergo mit dem feierlichen Segen. Dazu traten wieder die Schützen in Aktion. Manchmal wurden auch Böller geschossen.
Die Prozession zog nun weiter zum Schulplatz hinter der Dekanalkirche. Hier wurde das Markusevangelium verkündet. Jeder der vier Evangelisten hatte seinen Altar. Die Altäre waren vornehmlich mit jungen Birken geschmückt. Nachdem das Allerheiligste die Altäre verlassen hatte, nahmen sich die Gläubigen einen Birkenzweig mit nach Hause, um ihn dort hinters Kruzifix im Herrgottswinkel zu stecken.
Dann ging es durch die Schießhausgasse hinauf bis zum Deutschherrnplatz, wo der dritte Altar stand. Nach dem Lukasevangelium und dem Segen zog die Prozession die Schlossgasse hinunter zur Dreifaltigkeitssäule am Marktplatz.
Hier stand der vierte und letzte Altar. Das Johannesevangelium handelt von der Menschwerdung des Herrn. Bei den Worten: "...und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.." beugten alle die Knie. Nach dem Segen ging es über den Markt zurück zur Ignatiuskirche. Dort erklang das Tedeum (Großer Gott , wir loben dich) als Abschluß der beeindruckenden Feier.
Am Sonntag nach Fronleichnam fand meist nochmal eine weniger feierliche Prozession statt. Für die Mädchen ab 14 und die jüngeren Frauen hatte dieser Tag noch eine besondere Bedeutung. Für sie war dieser Tag der Anlaß, ihre schönsten Kleider vorzuführen. Wer es sich leisten konnte, schaffte sich etwas Neues an, das dann erstmals zur Schau getragen wurde. Dazu gab es dann einen neuen Hut. Nach dem Kirchgang begab man sich dann auf den Bummel unter den Lauben. In Gruppen und auch einzeln flanierten Mädchen und Burschen hin und her. Dabei wurden Bekanntschaften gemacht und so alles betratscht was es zu bereden gab. Es war eine liebe Zeit, die gute alte Zeit.
Ich konnte im Jahre 2007 in Komotau das Fronleichnamsfest erleben. Das Hochamt war um 18: 00 Uhr. Immerhin war die Dekanalkirche gefüllt mit Gläubigen, meist heimatverbliebene Deutsche. Es gab eine Überraschung: Das Fronleichnamslied "O Engel Gottes eilt hernieder" wurde nach alter Melodie auf tschechisch gesungen. Nach dem Hochamt zog eine kleine Prozession zur Dreifaltigkeitssäule. Sie diente als einziger Außenaltar. Die Altardiener beweihräucherten das Allerheiligste während des Umganges nach alter Komotauer Sitte ständig.