Ulbersdorf- Lebende Naturdenkmale
Tru- Ulm
Lebendige Naturdenkmale
nach Ludwig Schellberger,
Gymnasialprofessor am
Goethe Gymnasium Komotau.
Humanist, Biologe
Der Komotauer Bezirk ist reich an Naturdenkmalen. Professor Ludwig Schellberger, Lehrer am Komotauer Gymnasium hat sich mit ihrer Beschreibung für die Nachwelt verdient gemacht. Große Flächen unseres Bezirkes wurden dem Tagebau geopfert. Unschätzbar ist es in den 1920er Jahren deshalb, was Ludwig Schellberger in der "Heimatkunde des deutschen Bezirkslehrervereins" geschrieben hat. Hier soll ein Auszug aus dieser Abhandlung stehen:
Wenn wir das Wort Denkmäler hören, welches Bild entsteht vor unserem geistigen Auge ? Nackter, kühler Steein, behauen und geschliffen oder roh, mit Erztafeln versehen, auf denen gute und böse Ereignisse verzeichnet sind, mit Büsten und Standbildern jener Personen geziert, die man ehren wollte. Von diesen Denkmälern der Vergangenheit will ich nicht erzählen, sondern von solchen, die blühenden Lebens voll, von denen nur der kleinste Teil den Menschen seinen Ursprung verdankt. Die meisten aber hat die ewige Schöpferkraft ohne Menschehilfe errichtet. Die größte Menge der Naturdenkmäler sind Lebewesen und gehören dem Pflanzenreiche an.
Das an Naturschönheiten reichste Gebiet unseres Bezirkes ist unstreitig das der Gemeinde Ulbersdorf. Hier hat die Natur auf engem Raum die größten Gegensätze zusammengedrängt. Von den Höhen des Bernsteins kann man ohne große Eile in gut 1 1/2 Stunden zu den Niederungen der Biela hinabsteigen und in dieser kurzen Zeitspanne die mannigfaltigsten Landschaftstypen am Auge vorbeiziehen lassen. Oben, in 900 Meter Höhe der menschenleere , fast eintönige Fichtenwald, dann der jähe, bald trümmerbesäte, bald gratbesetzte, von schluchtartigen Tälern zersägte Abhang der Vorberge des Erzgebirges; durch herrliche Eichen- und Buchenwälder geht der Weg. Wir sehen die Bestände an Weißbuchen und Eschen und Linden Ahorne und Ulmen, Eschen und Birken und Tannen mit Mistelbüschen. Bald sind wir am Rand der Ebene, wo der Eisenberger Park, die Obstgärten der einstigen Ulbersdorfer "Hort" und kleinere Haine bei Tschernitz sich ausbreiten.
Die drei größten, stärksten und ältesten Linden stehen im Eisenberger Gebiet. Alle drei sind hohl. Die größte und stärkste ist im Eisenberger Wildpark (8,8- 5,25- 28 = Umfang- Durchmesser- Höhe). An urwüchsiger Schönheit jedoch sind ihr die beiden anderen überlegen.
Bei der Höhe beträgt etwa 12 Meter. Vor uns liegt das Hegerwiesel, eine winzige Waldblöse, mittendrauf die alte Linde: Wie der Zwergenkönig Laurin unter Dietrichs Recken, so steht sie unter den hohen Nachbarn. Der Bach schleicht sich seitwärts vorüber, als wollte er die Märchenstimmung nicht stören. Wie einsam ist es hier, wie geheimnisvoll ! Fängt nicht bei uns im immergrünen Dach des Lindenbaumes das Waldvöglein an, von Siegfried und dem Drachen zu erzählen ? Waldwehen, Waldeszauber ! Erschaudernd fühlen wir im tiefsten Herzen Gottes Nähe.
Die Linde mißt unten 6,9 Meter, in Manneshöhe 5,2 Meter. Von der Ostseite gesehen bilet ihr Stamm mit den zwei Hauptästen ein wuchtiges Kreuz aus gleichlangen Balken. Kaum 50 Meter entfernt ist ein zweites Naturwunder, wiederum eine Linde, "der verjüngte Baumgreis".
In seiner Innenfläche sprießt Sauerklee, Storchenschnabel und Holunder. Aber der kopf- und bauchlose Rücken trägt zwei schlanke, kräftige Jungbäume auf seinen morschen Schultern.
Unser kostbarstes Naturdenkmal aber befindet sich in Ulbersdorf. Es ist die tausendjährige Eiche, die wahrscheinlich in Mitteleuropa nur noch von wenigen Bäumen übertroffen wird . Unsere Eiche ist ganz hohl und vor 32 Jahren (Anm.: Text vom Jahre 1927) lag frühmorgens nach einem rasenden Sturm der große Ast, einem gewaltigen Eichbaume gleich, quer über die Gasse. Aber die Eiche grünte und blühte noch Jahr für Jahr. Ich kann es nicht glauben, daß dieser Baum bedroht sein soll. Ich richte daher an alle Bewohner die Bitte, diesen Zeugen der vergangenen Jahrhunderte zu schützen.
Es kam schlimmer. In den Nachkriegsjahren wurde die Landschaft von Schimberg bis Tschernitz ein Opfer des Braunkohle- Tagebaues. Die Dörfer Eisenberg, Ulbersdorf und teilweise Tschernitz fielen den Aktivitäten zum Opfer. Nicht nur Häuser wurden beseitigt, sondern auch die dortige Pflanzenwelt. Heute wächst dort Birkenwald und deckt alles zu.
Prof. Schellberger schreibt weiter:
Es wäre ein unauslöschlicher Schmach und ein unersetzlicher Verlust, wenn dieser Baum jemals durch Menschenhand fallen sollte.
Bilder von außergewöhnlichen Bäumen im Komotauer Bezirk: