Reizenhain- Der Wildschütz Karl Stülpner
Pr- Re
Karl Stülpner
Herr der Wälder
Komotauer Zeitungen 8/1977;
6/1978; 2/2006 und 3/2006
Am 17. September 2005 wurde in Reizenhain der rekonstruierte Gedenkstein von Karl Stülpner feierlich eingeweiht. Stülpner ist den Landsleuten als Beschützer und Wohltäter der einfachen Leute bekannt. Er ist das, was "Schinderhannes" für den Hunsrück und "Jennerwein" in Oberbayern war. Ihm sei diese Seite gewidmet.
Karl Stülpner, der legendäre Wildschütz des Erzgebirges wurde am 30.September 1762 als Sohn eines armen Müllergesellen in Scharfenstein geboren. Just in jenen Tagen, als preußische Husaren, Soldaten des siebenjährigen Krieges, durch ihre Besatzung in den Dörfern an der Tschopau Not und Elend der Bevölkerung vergrößerten. Man bedenke: Die Zeiten von der Ausbeute der Erzgruben waren zu Ende. Die Leute mußten sich sich umorientieren, denn das Gespenst des Hungers schlich durch das Gebirge. In den Jahren 1771 und 72 wollen Tausende ihre Heimat verlassen. Mühsam schleppen sie sich über die holprigen Wege, sie sind auf der Flucht vor dem Hungertod. Beherztere gehen in den Wald, legen Schlingen, fangen ein Stück Wild und stillen so den nagenden Hunger.
Karl Stülpner wächst in dieser Zeit auf. Er liebt den Wald, der zehn Schritte vom Haus entfernt ist. Im Jahre 1780 wird er Soldat in Chemnitz. Er trägt die weiße Uniform der "Mehlsäcke". Der hervorragende Schütze- jeder seiner Schüsse erreicht das Ziel- wird zum Regimentsjäger befördert. Die Küchen der Offiziere werden in dieser Zeit förmlich mit Wildbret überschwemmt. Stülpner durchzieht nach Herzenslust die Wälder und überschreitet dabei auch mal die Grenzen seines Reviers. Die Klagen der Förster über den Regimentsjäger nehmen zu. Sie bekommen nur noch selten kapitales Wild ins Visier.
Stülpner wird in Arrest geworfen. Er kann jedoch im Juli 1785 in der Nähe von Döbeln fliehen. Als Deserteur wird er für vogelfrei erklärt. Bald jedoch läuft die Kunde von einem geheimnisvollen Wildschützen durch die Lande, der in den erzgebirgischen Wäldern am Werk ist. Er hatte eine Reihe von treuen ergebenen Gefolgsleuten, mit deren Hilfe er der notleidenden Bevölkerung zur Seite stand.
Viele Taten Stülpners sind urkundlich belegt:
In der Nähe von Marienberg wurden sieben königlich sächsische Jäger von Stülpner und seiner Truppe überrumpelt. Sie hatten Wildschützen deren Beute abgenommen. Stülpner zwang sie, die erlegten Tiere zu schultern und bis zur böhmischen Grenze zu tragen und dort abzulegen.
Stülpner wird zufällig Zeuge, als an der Heinzebank, zwischen Marienberg und Lengefeld, eine Räuberbande eine Postkutsche überfällt, die mehrere Fässer Dukaten geladen hat. Stülpner verhindert diesen Raub.
Ein anderes Mal rettet er im letzten Augenblick eine Leineweberfrau, als ihr Wegelagerer den Erlös der verkauften Leinwand rauben wollen.
Mit den Straßenräubern, die in jener Zeit rund um den Haßberg in den tiefen Wäldern hausten, hat Karl Stülpner nichts gemein. Sein starkes Rechtsempfinden richtet sich gegen die feudalen Jagdgesetze. Er wird zu Beschützer der Armen und Entrechteten. Bald war er gemeinhin "der Volksheld". Es existiert ein "Höchster Rescript auf die Habhaftwerdung des Raubschützen Carl Stülpner". Immer wieder durchkämmen Kürassiere und und Forstbeamte die Wälder.Vergeblich. Nie können sie seiner habhaft werden. Ein kühner Streich folgt dem anderen. Stülpner gilt sogar als unverwundbar und kugelfest.In Stülpner wächst die Sehnsucht nach einem ruhigeren Leben. Seine Auflehnung als Einzelner hatten an den Zuständen nichts ändern können. In Böhmen pachtete Karl Stülpner eine Schenke.
Nach den Befreiungskriegen wird in Sachsen für Stülpner eine Genaeralamnestie erlassen. Er darf in seine Heimat zurückkehren. Doch Stülpner kann nicht seßhaft werden. Er lebt von Almosen. Schließlich erblindet er an grauem Star. In seinen letzten Lebensjahren wird er vom Scharfensteiner Gemeinderat reihum zu den Einwohnern geschickt. Jeder Hausbesitzer muß ihn eine Woche verpflegen.Karl Stülpner verstarb am 24. September 1841 auf einem Strohlager im "Gänsewinkel" von Scharfenstein. Seine Grabstätte in Großolbersdorf wird von den Einwohnern liebevoll gepflegt. In Scharfenstein steht ein Gedenkstein, der an der Geburtsstätte des Volkshelden. Im gesamten mittleren Erzgebirge gibt es viele Plätze, Wege, Straßen, die nach ihm benannt sind. Im Jahre 1933 wurde nahe der Grenze von Böhmen und Sachsen bei Böhmisch- Reizenhain ein weiterer Gedenkstein errichtet. Nachdem dieser im Laufe der Jahre sehr verwilderte, hat man im Jahre 2005 an gleicher Stelle eine Karl Stülpner- Gedenkstätte errichtet. Diese konnte am 17. September 2005 feierlich ihrer Bestimmung übergeben werden.