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Sudetendeutscher Heimatkreis Komotau
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Tschern

Tru- Ulm
Tschern
(Vsehrdy)

Text und Bildmaterial von Albert Helmich

Tschern lag als kleines Dorf am Hatschkabach, etwa 6,4 km SSO von Komotau entfernt. Es war über die Prager Straße gut erreichbar. Der gegen Süden gelegene Tscherner Busch hatte eine Fasanenenzucht aufzuweisen.
Tschern hatte ein Katastergebiet von 385 Hektar. 1847 standen im Dorf 26 Häuser mit 141 Bewohnern, 1894  36 Häuser mit 240 Bewohnern.
Über den Ursprung des Dorfes ist nichts bekannt. Erstmals wird es 1295 schriftlich erwähnt. Bis 1850 gehörte es zur Rothenhauser Herrschaft, dann war es eine selbständige Gemeinde im Görkauer Gerichtsbezirk bis 1868. Danach gehörte es zu Komotau.
Albert Helmich, ein gebürtiger Tscherner, hat gemeinsam mit Hedwig Gemmrig-Helmich  (Horschenz) für das Internet eine Dokumentation aus Fotos vor den Jahren von 1945 zusammengestellt. Der mit viel Liebe erarbeitete Text ist ein weiterer Beweis, für das Interesse, die alte Heimat für die Nachwelt zu erhalten. Wir danken herzlich dafür.

Liebe Tscherner, liebe Internetbesucher,
zur Erinnerung an unseren Heimatort, habe ich unser Dorf beschrieben, wie wir es 1945/46 verlassen mussten.Heute ist von unserem einst schönen Heimatort nur noch wenig vorzufinden.

Gehen Sie mit mir in die Vergangenheit:
Sie kommen in unser Dorf, wenn sie auf der Pragerstraße von Komotau kommend, in Höhe der weithin sichtbaren Pritschapler Kirche rechts abbiegen, oder, wenn Sie aus Richtung Prag/Saaz kommen, nach der Ausfahrt Neosablitz/Heuschupfe etwa nach 700 m links die Prager Straße verlassen.
Gleich am Ortseingang auf der linken Seite steht die Ziegelei, daneben das Wohnhaus mit Büro. ( Bild 1) Hier fanden viele Einwohner von Tschern und Umgebung einen Arbeitsplatz. Bis 1945 trug die Ziegelei zum Wohlergehen unseres Dorfes bei.
Danach kommen wir zum Bauer Markel. Hier geht ein Weg in Richtung Neosablitz, vorbei beim Bauer Zeidler und Schwarz sowie dem Haus von Döma.
Auf der Dorfstraße, auf der wir uns befinden, sind auf der linken Seite das Haus von Zeidler, Eser, der Hof vom Bauer Freier, das Richter-Haus und anschließend der große Hof vom Bauer Goschala.

Auf der rechten Straßenseite gegenüber sehen wir die großen Bauerhöfe von Zienert und Sander und die Zeidler-Schmiede     (Bild 2), sowie das Wohnhaus von Zeidler und Plomitzer.
Nun sind wir schon mitten im Dorf und der Mittelpunkt ist unsere kleine, aber schmucke Kirche. (Bild 3 und 4) Einmal im Jahr zum Annafest (26.Juli) wurde Gottesdienst abgehalten.
In unmittelbarer Nähe sind der Dorfbrunnen und zwei Teiche. Sie dienten, insbesondere früher zum Brand- Löschen, Gänse und Enten tummelten sich im vorderen niederen Teich und im tieferen wurden die Pferde hineingetrieben. Aber auch wir Kinder badeten darin und saßen und lagen auf der Mauer.
Auch im Winter waren die Teiche für uns eine Attraktion, weil, sobald diese zugefroren waren, wir darauf wunderbar tschinnern (schleifen), Schlittschuh laufen und Eishockey spielen konnten.
Gebadet haben wir auch gerne im Hatschkabach, den wir an einer Stelle dafür angestaut hatten. Die Hatschka floß mitten, also quer durch unser Dorf. Sie war ein gutmütiger Bach, der selbst im Frühjahr kein Hochwasser hatte.
Wir überqueren die Hatschka-Brücke, um zum Gemeinde- und zum Feuerwehrhaus zu gelangen, die an der rechten Seite des Baches stehen.
Jetzt sind wir beim Gasthaus Zwippel     (Bild 5) angelangt. Die Familie Zwippel betrieb außerdem eine Fleischerei mit einen Laden für Fleisch-und Wurstwaren. Selbst aus benachbarten Orten kam Kundschaft zum Einkaufen.
Das nächste Haus ist das von Enders und danach steht das große Gehöft vom Bauer Freier vor uns (ohne Bild).
Drehen wir uns zur anderen Seite, erblicken wir zunächst entlang der Hatschka das Haus vom Vorbach, Stütz und Wurbse und direkt an der Straße Müller`s Haus mit Lebensmittelladen (Bild 6) und etwas zurückgesetzt Zeidlers Haus.
Und nun stehen wir vor dem Haus Nr. 36, das meinem Vater Wenzel Helmich und meinem Großvater Anton Großmann gehörte (Bild 7). Ein großer Innenhof mit Zimmermann-Werkstatt und das anschließende Gebäude mit Stallungen für Kleinvieh bildeten eine Einheit.
Unser Haus lag sowohl an der Dorfstraße als auch an der Straße zum Meierhof.
Der  Meierhof, am Ortsende auf der linken Seite gelegen, war ein großes landwirtschaftliches Gut, und betrieb insbesondere Ackerbau und Viehzucht. Er gehörte der Familie Sputh und später der Familie Ansbach. Auch hier fanden einige Tscherner Beschäftigung und Wohnung.      (Bild 8 ).
Gehen wir durch den Meierhof und verlassen ihn auf der Rückseite, so kommen wir wieder auf die Dorfstraße, die hier zu Ende geht.
Am Ortsende ist das Anwesen vom Großbauer Brenik und der Hof vom Bauer Ziwien. Hier, auf der gegenüberliegende Seite des Meierhofes, hatten unsere Tscherner Schwarz mit seinem Tabakladen, Mende, Hellmich und Mahnert ihr Anwesen.
Nach unserem Gang durchs Dorf treffen wir uns wieder vor meinem Elternhaus und gehen vorbei an den Wohnhäusern von Straus, Plitzner und Stütz, hinaus in die Felder. Fruchtbares Ackerland umgaben unseren Ort, deshalb wurde neben den üblichen Getreidesorten, Klee, Rüben, Kartoffeln, auch verschiedenes Gemüse angebaut (Bild 9). Die Großbauern besaßen zu dieser Zeit bereits Lanz-und Hanomag-Traktoren und eine Dreschmaschine.
Bei der Getreideernte wurden "Selbstbinder" eingesetzt, d.h. das Getreide wurde maschinell geschnitten und zu Garben gebunden. Auf dem Hof des Bauern wurden die Garben mit der Dreschmaschine gedroschen und die Körner gleich in Säcke abgefüllt.
Wir sind noch unterwegs, vor uns flüchten immer wieder aufgeschreckte Feldhasen, Fasanen und ganze Scharen von Rebhühnern.
Unser Weg führt das letzte Stück hinauf über würzige Trockenwiesen zum Busch, unseren Wald. Kenner wussten wo hier die Pilze zu finden waren. Deshalb traf man gelegentlich auch Pilzesucher aus Neosablitz. Diese waren über die Nesamer-Rachel, die sich entlang der Straße nach Hruschowan zieht, heraufgekommen. Dem Betrachter bot sich bei klarer Sicht ein weiter Blick bis hin zum Erzgebirge.
Nochmals zurück ins Dorfgeschehen. Tschern besaß keine Schule und deshalb mussten wir täglich zu Fuß ins benachbarte Pritschapl. Unser Schulweg führte an der Ziegelei vorbei zur  Pragerstraße, die wir überquerten, weiter durch einen Hohlweg und Feldern, bis wir die ersten Häuser von Pritschapl erreichten Da trafen wir Klassenkameraden aus Neosablitz und Horschenz und setzten gemeinsam den restlichen Weg zur Schule fort.
Pritschapl und insbesondere Neosablitz- Horschenz war für uns Tscherner auch auf die Pragerstraße , vorbei am Forsthaus, zu erreichen. Dabei hielten die Vorbeifahrenden immer Ausschau nach "Liesl", dem Reh der Familie Rebl, das im eingezäunten Grundstück herumlief.
Dieses Anwesen hatte mein Onkel Klement Helmich, Obstpächter aus Neosablitz, vom Prinzen Hohenlohe v. Langenburg, Eidlitz, gekauft.
Und nun sind wir am Gasthof „ Heuschuppe" (Bild 10) angelangt und biegen nach links ab. Die gut ausgebaute Bezirksstraße nach Eidlitz- Komotau, von Obstbäumen (hauptsächlich Birnen) gesäumt, wie alle Straßen unserer Gemeinden, bringt uns auf gerader Strecke nach Pritschapl.
Liebe Internetbesucher, besuchen Sie auch den Ort Pritschapl, wo wir gerade angekommen sind. Dieser Ort mit seiner Kirche und dem Friedhof war auch für uns Tscherner von der Taufe bis zur letzten Ruhebettung ein Stück vertraute Heimat.
Auf Wiedersehen bis zu Ihrem nächsten Besuch.

Einwohner 1939: 243

Gefallene des 1. Weltkrieges

Dittrich, Josef
Görisch, Franz
Hermann, Josef
Süssig, Josef
Thöma, Alois
Trinks, Karl
Förderverein Mittleres Erzgebirge Komotauer Land e. V.
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