Platz
PL-Pr
Platz
1230 - heute
(Misto)
Johann Wagner, Ortsbetreuer von Platz, hat mit viel Einsatzbereitschaft und Sachverstand seine Heimat in sehr treffender Form beschrieben. Diese kleinste Stadt in Böhmen mit der Burgruine Hassenstein und dem Margarethenheim war schon immer ein Juwel in unserem Komotauer Bezirk. Johann Wagner ist im September 2005 nach langem, schwerem Leiden verstorben. Der Heimatkreis Komotau dankt Dir, lieber Hans, posthum sehr herzlich für Deine Bemühungen im Dienste unserer schönen Heimat.
Wer heute an die kleinste Stadt unseres Heimatkreises, Platz, denkt verbindet damit sogleich die Erinnerung an die Burgruine Hassenstein und das Margarethenheim.
Geschichtliches aus der Bergstadt Platz:
Die Entstehung der Stadt ist nicht genau festzustellen. Sie kann aber im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erbauung der Burgruine Hassenstein gesehen werden. Diese entstand etwa in den Jahren 1230- 1300. Es war die Zeit des Königs Prmysl Ottokar II (1253- 1278) und des Königs Wenzel II (1278-1305). Nach mündlicher Überlieferung soll Platz während der Hussitenkriege gänzlich zerstört worden sein. Dies wird aber in Frage gestellt. Eine Urkunde aus dem Jahre 1367 gibt Auskunft über Besitzverhältnisse der Nachbarorte Hohentann und Plaßdorf, aber Platz ist nicht darin erwähnt. Vor 1462 lebte auf der Burg Nikolaus II von Lobkowitz und erhielt 1459 von König Georg von Podiebrad die Bergfreiheit auf Erze im Umkreis des Hassensteins.
Das Margarethenheim
An die Besitzer des Hassensteins trat die Notwendigkeit, ein anderes Städtchen im Burggebiet zu errichten. Diese Neugründung erfolgte durch die Anlage des Bergstädtchens Platz etwa im Jahre 1535- 1545, kaum 1 km von der Burg entfernt.
Die erste urkundliche Erwähnung ist in einem Briefbogen in Kaaden hinterlegt. Mit den Jahren 1569 beginnt das älteste Grundbuch von Platz. Zu diesem Städtchen gehörten auch einige Mühlen. Im Jahre 1589 ist die Benennung "Markt Platz" im Grundbuch vermerkt. Der Taufstein der Kirche (wurde nach 1945 zerstört) vom Jahre 1572, gibt Zeugnis darüber, daß zu dieser Zeit eine Kirche am Marktplatz stand. Die Bergstadt hat ihre Gründung auch Sebastian von Lobkowitz zu verdanken, der 1587 verstarb. Er war ein Lutheraner.
Maximilian von Lobkowitz wird 1586 erstmals als Grundherr von Platz erwähnt. Im Jahre 1606 verkauft Kaiser Rudolf II an Leonhard Steinbach das Lehenschloß Hassenstein mit Meierhof und Feldern. Diese Herrschaft umfaßte zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges Schloß und Dorf Hagensdorf, die öde Burg Hassenstein samt Meierhof, DIE Bergstadt Platz und die Dörfer Retschitz, Naschau, Prahn, Plaßdorf, Tschernowitz, Körbitz, Sosau, Hochtan, Neudörfl und Warta.
Nachdem die Kirche 1690 am Marktplatz zerstört war, wurde am Ortsrand eine neue gebaut. Die Dreifaltigkeitssäule wurde 1724 am Marktplatz erstellt.
Während des Schlesischen Krieges von 1740- 1745 zogen Soldaten über Platz nach Böhmen.
1797 begann der Bau der Schule in unmittelbarer Nähe der Kirche. Sie war einklassig. Erst im Jahre 1875 wurde der Bau einer zweiklassigen Schule vollendet.
Mit großem Gefolge fuhr am 9. September 1810 Johann Wolfgang von Goethe durch Platz zum Besuch der Burg Hassenstein. Fürst Lobkowitz unternahm diesen Ausflug von Schloß Eisenberg aus, um dem Dichterfürsten sein Stammschloß zu präsentieren. Später fuhr die Kolonne herrlichster Pferdekutschen fürstlichen Gepräges wieder durch Platz zurück nach Eisenberg.
Am 1. Mai 1838 fielen einem Großbrand sieben Häuser zum Opfer. Zehn Jahre später, am 7. Juni 1848 holte der Feuerteufel nochmals elf Häuser.
Im Jahre 1882 wurde dem österreichischen Kaiser Josef II am Marktplatz ein Denkmal gesetzt. Abermals brannte es im Jahr 1888 in Platz. Vier Häuser wurden ein Raub der Flammen. Wegen dieser vielen Brände gründete man 1896 den Feuerwehrverein.
1898 konnte eine neuerbaute Straße von Deutsch Kralupp über Hagensdorf, Plaßdorf, Platz, Hohentann und Zollhaus dem Verkehr übergeben werden.
Im Jahre 1898 verzeichnete das Komotauer Heimatbuch für Platz folgende Daten: 65 Häuser, 320 deutsche katholische Einwohner, 164 ha landwirtschaftlich genutzter Boden, 170 landwirtschaftlich Beschäftigte, 6 Bierschänken, 2 Krämereien, 1 Bäcker, 2 Schuhmacher, 1 Schmied.
Eine Volkszählung ergab für das Jahr 1900 für Platz 338 und für Neudörfl 69 Einwohner.
Zur Jahrhundertwende wurde auch die Wasserleitung vollendet. Die Quelle, die das Wasser spendete, sprudelte unterhalb des Schweigerberges auf Hohentanner Gemarkung.
Nach mehrjähriger Bauzeit konnte auch das "Margarethenheim" im Jahre 1915 seiner Bestimmung übergeben und durch seine Bauherrin Margarethe Karsch eingeweiht werden. Nach ihrem Vornamen wurde dieses wunderschöne Heim benannt. Es beherbergte tuberkulosekranke Kinder.
Die Volkszählung von 1930 erbrachte 460 deutsche Einwohner, sowie 2 Einwohner anderer Nationalität.
Die Gesamtbodenfläche der Gemeinde betrug am 1.12.1930 : 745 ha. Davon entfielen auf Äcker 201 ha, Gärten 16 ha, Wiesen 69 ha, Wald 400 ha, Hutweiden 40 ha, unproduktiver Boden 16 ha, Baugrund 3 ha
1938 marschierten deutsche Truppen, aus Sachsen kommend in Platz ein.
1939 verband uns erstmals eine Omnibuslinie mit Komotau.
1945 Die Tschechen nahmen nach dem 8. Mai 1945 viele Anwesen der deutschen Einwohner in Besitz und trieben die Bisherigen Besitzer auf die Straße, wo sie ihren Weg in die Lager und der Vertreibung antreten mußten.
Eisenerzbergbau:
Im 16. Jahrhundert hat die Heimatstadt wahrscheinlich die Stadtrechte erworben. Im Stadtwappen sind die Symbole des Bergmannes "Schlägel und Eisen " ersichtlich. Man förderte Silber und Eisen. In der Nähe des Forsthauses gab es eine alten Silberstollen. Im"Kalkofen", nordwestlich vom Hassenstein wurde früher Kalk abgebaut. Die Bevölkerung ist trotz des Erzreichtums arm geblieben. Im Grundtal, unweit des Eisenhammers, (Hammerwerk), gab es um 1900 eine Meilerei. In den Wäldern, nahe der Erzgruben gab es Waldschmieden, die eine Eisengewinnung ermöglichten.
Vereinsleben:
Neben dem Land- und Forstwirtschaftlichen Verein, dem Militär- Veteranen- Beerdigungs- u. Stützungsverein, dem Arbeiter- u. Krankenunterstützungsverein, Dem Spar- u. Darlehenskassenverein, gab es den Feuerwehrverein, den Männergesangverein und den Musikverein als Blaskapelle.
Handwerk:
Die Erwerbsquellen in früheren Zeiten waren wohl von der Land- und Forstwirtschaft geprägt. Als Handwerksberufe waren Schmied, Maurer, Zimmermann, Schuhmacher, Fleischer, Schneider, Bäcker, Gastwirt, Kolonialwarenhändler und der Rauchfangkehrer.
Als Heimarbeit war das Klöppeln, Gorlnähen, Korbflechten, Besenbinden und das Handschuhnähen wichtige Erwerbsquellen.
Eine Sage von Platz sei unvergessen:
In der Nähe der "Steinernen Marter" bei Platz befand sich am Wege nach Plaßdorf ein mit zwei eingemeißelten Degen hervorragender Stein. Zwei degenbewaffnete Wanderburschen sollen im Wirtshaus Nr. 28, stark bezecht, mit dem Wirt in Streit gekommen sein, der sie handfest an die Luft setzte. Daraufhin gingen sie nach Plaßdorf den sogenannten "Lohweg" und fielen nach einer Streiterei an der Stelle, wo später der Mahnstein errichtet wurde, mit gezogenem Degen übereinander her. Beide blieben tot am Platz liegen und wurden dort auch begraben. Wenn die Leute vom Gebirge herunter kamen, legten sie dort ein Steinchen nieder und nahmen es auf dem Rückwege wieder auf, um es wegzuwerfen. Einerseits sollte diese Handlung den Abscheu über die böse Tat, andererseits das Mitleid, das man darüber empfand, ausdrücken.
Wenn wir heute an der Ruine Hassenstein stünden, hörten wir vielleicht noch wie einst von Platz ein Glöckchen herüber läuten.
Brauchtum:
Bis Mariä Lichtmeß standen in den Häusern die Christbäume. Es begann die Faschingszeit. In den Sälen veranstaltete man Maskenbälle. Vor Ostern flogen die Glocken nach Rom. Die Bossn ersetzten mit ihren Schnarren das Glockengeläut. Ausgehöhlte beleuchtete Dorschen standen an verschiedenen Stellen als Totenköpfe im Ort. Am Karsamstag kehrten die Glocken zurück. Man suchte eine Wasserstelle auf zu "Schönwaschen" Ostermontag gingen die Gunge zum Aufpeitschen. Nach Aufsagen eines Sprüchleins gab es Eier, Geld oder Süßigkeiten. Das Maibaamfest der Heger und Holzmacher durfte nicht fehlen. Der Höhepunkt war das Platzer Fest, das mit vielen Besuchern der Nachbarorte gefeiert wurde. Zum Fronleichnam schmückte man vier Altäre. Den Umzug begleitete die Musikkapelle. An Sonnenwende loderte oben am Hohentanner Haumerhübel das Sonnewendfeuer.
Nach der Ernte begann das Aufährln ,Erdäppel stoppeln, Beerensammeln und Schwommesuchen. Zu Allerseelen besuchte man die mit Tannenreisig geschmückten Gräber. Der Winter hielt seinen Einzug. Schlittenfahren war ein freudiges Ereignis. Die Weihnachtszeit nahte und der Nikolaus bescherte die Kinder, die Schuhe und Strümpfe wurden mit Geschenken gefüllt. Das Christkind und Knecht Ruprecht brachten an Heiligabend die bestellten Geschenke und Kleinigkeiten. Das Christmahl nahm man im engen Familienkreise ein. Es gab das Siebenerlei. Zu Silvester feierte man den 2. Heiligabend. Nach dem Abendmahl ging man zur Silvesterfeier.
Die Aufzeichnungen dieser Datei wurden der "Heimat- Chronik der kleinsten Stadt Böhmens" entnommen. Die Chronik wurde von Lm. Heinrich Müller aus Platz in jahrelanger Arbeit zusammengestellt. Er starb noch vor Vollendung des Werkes am 18.3.1985. Sein Bruder Lm. Friedrich Müller hat das Werk vollendet. Die erste Internet -Datei von Platz bot wenig Vorkommnisse. Die jetzige Internet- Datei wurde von Lm. Johann (Hans) Wagner im Januar 2005 durch die Aufzeichnungen der Chronik wesentlich in Wort und Bild erweitert.
Ortsbetreuer:
Bis 1985 Heinrich Müller
Von 1985- 2004 Friedrich Müller
Zur Zeit kein Ortsbetreuer