Das Deutsche Volksblatt schrieb am 16. April 1934 einen großen, dreispaltigen Bericht über die Enthüllung einer Gedenktafel für den großen Sohn unserer Heimat, den Landschaftsmaler Louis Zimmermann, der mit folgenden einleitenden Sätzen begann:
„Das freundliche, blinksaubere Erzgebirgsdörfchen Uhrissen, am Anstieg vom Töltschtal zum Gebirge und an der Verbindungsstraße Gersdorf – Göttersdorf gelegen, erlebte am gestrigen Sonntag seinen großen Tag, vielleicht seinen größten Tag überhaupt: die Ehrung seines Toten, seines großen Heimatsohnes und Erzgebirgsmalers Louis Zimmermann. […]
Die schmucken Häuschen (von Uhrissen) fügen sich gefällig in das liebliche Landschaftsbild, sie liegen blitzblank da wie neugeputzt, manches von ihnen trägt in Würdigung des großen Tages festlich grünen Schmuck. Die Bewohnerschaft ist in gehobener, festlicher Stimmung und wartet des Augenblicks, da mit der Ehrung ihres Heimatsohnes aus ihrem Dörfchen seltene Ehre zuteil wird.
Vom Zimmermann’schen Gasthaus weht grüßend die blauweiße Fahne; vor dem Hause ist, mit Tannengrün verkleidet, eine Rednerbühne errichtet. An der Wand verrät eine mit Stoff verkleidete Fläche den Platz, wo die Gedenktafel angebracht ist. Es ist das Haus, in dem Louis Zimmermann geboren wurde und sein leider allzu kurzes Leben verbrachte. Es ist sein Vaterhaus, in dem er seine Kindheit verbrachte, es ist das Haus, in dem er sein künstlerisches Talent frühzeitig entdeckte, sich regte, wo er seine Werke schuf, die seinen Namen unvergänglich machten und ihm, mit ihm aber auch
seiner geliebten Erzgebirgsheimat Ehre und Ruhm eintrugen, die er mit so lebens- und liebevollen Augen gesehen und in seinen Bildern uns zeigte , wie er sie gesehen.“
Die Gedenktafel, eine Bronzeplatte mit dem Bildnis des Malers, gefertigt vom Sudetendeutschen Künstler Rudolf Stalla aus Komotau, wurde leider in den Nachkriegswirren 1945 zerstört.
Zum Leben von Louis Zimmermann:
Zimmermann wurde am 7. Juli 1892 in Uhrissen in Haus-Nr. 18 geboren, besuchte die Volksschule in Göttersdorf, wo sich bereits seine zeichnerische Begabung zeigte. Danach erlernte er bei Malermeister August Oskar Nestler in Komotau die Dekorationsmalerei. Nach 2 ½ Jahren Lehre besuchte er in Gablonz für 3 Jahre die Kunstgewerbeschule (Fachschule), wo er mehrere Auszeichnungen erhielt. Anschließend war er bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges in Schindler’s Glasfabrik in Simmersdorf bei Iglau als Grafiker tätig. Gleich zu Beginn des 1. Weltkrieges wurde er zum Landwehrinfantrieregiment Nr. 10 nach Jungbunzlau einberufen, machte dann gleich den russischen Feldzug mit, wurde noch 1914 an der linken Hand, später als Korporal am Schienbein durch ein Dumdum-Geschoss verletzt, sodass er zwei Jahre im Militärspital zu Pardubitz (Böhmen) zu Ausheilung verbringen musste. Dort malte er Kriegsbilder und zeichnete für die Ärzte, auch bei Operationen.
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Nach seiner Heimkehr 1918 widmete er sich im elterlichen Haus beständig der Kunstmalerei und entwarf sehr schöne aussagekräftige Bilder verschiedener Art, wie in Öl und Aquarell oder als Kupferstiche. Weit und breit wurde seine künstlerische Begabung bekannt. Daneben war er ein guter Klavierspieler. Er verweilte auch zu Studienzwecken in München und Dresden.
Beim Bundesfest 1920 stellte er zugleich mit seinem Malerfreund Gustav Zindel von Rodenau seine Werke aus und hatte damit guten Erfolg. 1926 waren bereits das erste Mal seine Arbeiten im Komotauer Stadtmuseum zu sehen.
Sehr häufig malte er sein Heimatdorf Uhrissen und doch war es immer wieder etwas Anderes. Zu einer Katalogisierung seines Lebenswerkes ist er nicht mehr gekommen. Louis Zimmermann starb, noch keine 40 Jahre alt, am 11. April 1932 nach längerem Magenleiden als Folge der Kriegsstrapazen im Komotauer Krankenhaus. Erst in der Endphase seines kurzen Lebens hatte er alle Wiederstände überwunden. Er stand vor dem für ihn als Künstler so bedeutenden Aufstieg, den sein frühes Ableben zunichtemachte. Die große Verbundenheit der Erzgebirgler mit ihrem Künstler zeigte die Anlegung eines Ehrengrabes auf dem Göttersdorfer Friedhof durch die Gemeinde, das „für alle Zeiten zu erhalten und zu behüten“ sei (leider wurde das Grab etwa um 1980 beseitigt).
Im Mai 1932 widmete die Museumsgesellschaft Komotau dem verstorbenen Louis Zimmermann im Stadtmuseum eine „Gedächtnis-Ausstellung“. Anlässlich dieser Ausstellung nannte der Prager Kunsthistoriker Dr. Opitz den Gewürdigten eine unter den Erzgebirgsmalern eher komplizierte Natur, der als Idealist weder in die Lebensformen und Anschauungen, noch in das Kunstwollen seiner Zeit sich hineinfinden wollte. An der Moderne sei ihm die Loslösung vom Volke undiskutabel gewesen. Er war ein entschiedener Gegner des „Modern sein wollen“ um jeden Preis und aller äußerlichen Mache. Aus dem Milieu, in dem er lebte, dem stillen, beschaulichen Uhrissen, führte für ihn keine Brücke hinüber zum hastigen Alltag der Großstadt.
In Zimmermanns Bildern steckt immer etwas vom Zauber der Romantik, der sich in manchen Bildern ins Visionäre steigert. Der Künstler wurde nicht müde, in den Bergen seiner Heimat seltsame Farben- und Lichtstimmungen nachzuspüren. Ein Stück Poesie stecke in jedem seiner Bilder und das verleiht ihm unter den Erzgebirgsmalern seine besondere Stellung.
Trotz des Einflusses anderer Künstler wie Zindel, Gruß und Guba, blieb er eigenartig und eigenwillig und in seinem Schaffen eine selbstständige Persönlichkeit. Unzählige Male malte er sein Heimatdörfchen, und doch ist es immer etwas anderes, was uns an seinen Werken gefangen nimmt. Als uns der Künstler im Jahre 1932 verließ, da hatte er erst alle Widerstände überwunden, stand vor einem bedeutendem Aufstieg, den sein zu frühes Hinscheiden zunichtemachte“.
Seit der politischen Wende 1989 gibt es auch in weiten Teilen der Bevölkerung Tschechiens ein neues Bewusstsein zur Vergangenheit der ehemals deutschsprachigen Grenzregion Böhmens. So wird verständlich, dass die Kunst und Kultur der damaligen Bewohner als unleugbarer Bestandteil der Geschichte für die neue Heimat der heutigen Bewohner der böhmischen Erzgebirgs-Region verstanden wird.
Es war deshalb für uns sehr erfreulich, dass das Regionalmuseum Komotau / Oblastní muzeum v Chomutove im August und September 2007 eine erneute Ausstellung über Louis Zimmermann in den Ausstellungsräumen des Jesuiten-Gymnasiums durchführte, wobei das Museum unter Leitung von Ing. Stanislav Ded auf Bestände der ersten Ausstellung im Stadtmuseum im Jahre 1932 zurückgreifen konnte.
In Zusammenarbeit mit dem Regionalmuseum und mit Unterstützung der ehemaligen und heutigen Bewohner von Uhrissen ist es gelungen am 14. Juni 2009 eine Kopie der Gedenktafel am ehemaligen Gasthof Zimmermann wieder anzubringen, um die Erinnerung an den großen Sohn unserer böhmischen Erzgebirgsheimat wach zu halten.