Der Jurist und österreichische Politiker Julius Ofner wurde am 20. August 1845 in Horschenz, Kreis Komotau geboren. Mit 18 Jahren, 1863, begann er sein juristisches Studium an der Prager Karls- Universität, das er 1865 in Wien fortsetzte und 1869 mit der Habilitation abschloß.Ab 1865 finden wir Ofner als Hof- und Gerichtsadvokaten in Wien. 1896 wird er in den niederösterreichischen Landtag gewählt, in welchem er- zusammen mit zwei weiteren Politikern- eine kleine demokratische Fraktion bildete.
Als einer der Exponenten der "Sozialpolitischen Partei" wurde er 1901 in den Reichsrat gewählt, dem er bis 1918 angehörte.
Ofner, der sich besonders für soziale Reformen engagierte, war Mitglied der "Fabier Gesellschaft", die die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft durch Sozialreformen anstrebte, und arbeitete in sozialpolitischen Fragen eng mit den Sozialdemokraten zusammen.
1919 wurde er Mitglied der österreichischen Nationalversammlung und gehörte mit zu den Begründern der "Demokratischen Partei", die jedoch bei den Wahlen eine vernichtende Niederlage erleiden mußte.
Ab 1919 war er ständiger Referent beim Verfassungsgerichtshof. Als Vizepräsident der Wiener Rechtsanwaltskammer und der Juristischen Gesellschaft betätigte er sich in zahlreichen sozialpolitischen Vereinen.
In seinen rechtsphilosophischen ethnischen Untersuchungen über das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft erblickte Ofner den Zweck des Rechts in der Sicherung der Entwicklung des Einzelnen. Er sah die Aufgabe der Jurisprudenz nicht nur in der Auslegung des bestehenden Rechts, sondern auch in der Schaffung neuen Rechts aufgrund der konkreten gegenwärtigen Verhältnisse, fußend auf den Ergebnissen der Soziologie, Ökonomie und Psychologie.
Julius Ofner erwarb sich große Verdienste um die Entwicklung der österreichischen Gesetzgebung, vor allem in Arbeitsrecht (Handlungsgehilfen-, Güterbeamten- und Schauspielergesetze, Verbot der Kinderarbeit, Sonntagsruhe im Bürodienst, Zulassung von Frauen zu bestimmten Berufen etc.)und im Strafrecht (die sogenannte "Lex Ofner" über die Herabsetzung der Schadensgrenze bei Eigentumsdelikten, die bedingte Verurteilung etc.) Durch die Veröffentlichung der Beratungsprotokolle zum "Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch" und weiterer Werke leistete er einen wesentlichen Beitrag zur Geschichte des österreichischen Rechts.
Dr. Ofner starb am 26. September 1926 in Wien. Die Bedeutung Ofners wird noch unterstrichen durch ein Ehrenmal, das Wiener Ofner- Denkmal in der Tabor- Strasse (Grünanlage bei der Glockengasse). Es zeigt einen Sämann und, am Sockel ein Porträt Ofners. Das Denkmal wurde 1943 entfernt, 1948 provisorisch wieder aufgestellt und 1954 endgültig wieder aufgestellt. Seit 1925 ist auch die Ofnergasse nach dem berühmten Soziologen benannt.