Dr. Ernst Eichler
Eishockey- Botschafter aus Komotau.
Bearbeitet nach Unterlagen von Dr. Ernst Eichler
Ernst Eichler wurde geboren in Komotau am 19.12.1925. Der Vater arbeitete als Tierarzt, nannte eine Kleintierpraxis sein eigen, praktizierte aber auch als Schlachthofdirektor. Für Ernst und seine Freunde war der Schlachthof mit seinem Umfeld- in der Eidlitzer Straße auf der rechten Seite des Assigbaches gelegen- ein herrlicher, riesiger Spielplatz. Insbesondere die unmittelbare Nähe zu den vielen Tieren, die hier 1 Tag und 1 Nacht untergebracht waren, bevor sie geschlachtet wurden. In die Schlachthalle durften die Kinder allerdings nicht.
Zum Eishockey kam der junge Ernst schon, als er den Kinderschuhen kaum entwachsen war. Eishockey gehörte in Komotau einfach dazu, "die Kinder haben es gespielt wie hierzulande Fußball", erzählt Eichler. Im Alaunsee wurde im Sommer geschwommen und im Winter dem Puck nachgejagt. Eine beliebte Kombination war auch Tennis und Eishockey. Für uns Jungen verkörperte der tschechische Nationalspieler Drobny aus Prag das Vorbild, er war sowohl im Eishockey, wie im Tennis ein Ass.
Ernst Eichler spielte Eishockey, immer und überall, bis ihn das Dritte Reich einholte. Die Familie war eher unpolitisch, wurde aber von den Ereignissen überrollt. Der junge Mann mußte in den Krieg ziehen, 18 Monate trug er Uniform, wurde in Litauen verletzt und nach Dresden ins Lazarett gebracht.
Das war Anfang 1945. Am 14. Februar dieses Jahres schlugen die Engländer mit dem verheerenden Bombenangriff gnadenlos zu. Eichler hat die Bombardierung Dresdens miterlebt und heil überstanden. Diese Bilder haben sich bis heute in sein Gedächtnis eingeprägt. Am nächsten Tag mußte er Leichen bergen, während die Häuser noch glühten. "Heute," sagt Eichler, "da ist der Tod eines Menschen ein riesiger Trauerfall. Damals gehörte das Sterben zur Tagesordnung." Dennoch ging der junge Mann durch seine private Hölle, gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder, der ebenfalls in Dresden stationiert war. Schlimm für die beiden war, die Eltern wohnten in Komotau, in einer Entfernung von 90 Kilometern. Sie sahen am Himmel den glühenden Lichtschein der Zerstörung Dresdens und bangten um ihre Söhne. Die wiederum konnten Vater und Mutter keine Entwarnung geben, denn die Telefone funktionierten nicht. Es dauerte Tage, bis die Eltern erfuhren, daß den Beiden nichts passiert war.
Nach dem Krieg traf die Eichlers das Schicksal der Vertreibung. Der junge Mann bewarb sich an der Universität Gießen als Student der Veterinärmedizin und wurde angenommen. Damit war Ernst in die Fußstapfen seines Vaters getreten. An der Uni lernte er Professor Grzimek, den Direktor des Frankfurter Zoos kennen, der "Zoologie der Wildtiere" unterrichtete. Dieser bot Eichler eine Assistentenstelle beim Frankfurter Zoo an. Der junge Eichler aber liebte sein Eishockey zu sehr als daß er sich für diese Stelle, die wesentliche zeitliche Einschnitte für seinen Lieblingssport bedeutet hätte, entscheiden konnte.
Er spielte in Bad Nauheim. Von 1947 bis 1957 schoß er in 319 Spielen 227 Tore. Spieler aus Rastenburg und dem Sudetenland stellten den Großteil dieser ersten Mannschaft. Eichler erwies sich als äußerst flexibel. Er spielte in Nauheim, trainierte aber in Mannheim. Da der Mannheimer Eishockey Club Eichler unbedingt als Spieler haben wollte, vermittelte man ihm einen Arbeitsplatz in dem bekannten Pharma- Unternehmen Knoll AG in Ludwigshafen. Damit war der Vereinswechsel von Bad Nauheim nach Mannheim perfekt. 1956/57 war die erste Saison, in der Eichler das blau- weiß- rote Trikot der Mannheimer trug, das er als aktiver Spieler erst 1963/64 endgültig ablegte.
Die Laufbahn von Dr. Ernst Eichler ging jedoch nahtlos weiter, als er die Schlittschuhe an den Nagel gehängt hatte. Er wurde Eishockey- Obmann beim MERC und im Baden- Württembergischen Eislaufverband. Anschließend wurde er Spielleiter der Bundesliga und schließlich Vizepräsident des Deutschen Eishockey- Bundes.
Auch beruflich hat sich Eichler bewährt und brachte es bis zum Hauptabteilungsleiter und stellvertretenden Bereichsleiter der human-medizinischen Abteilung der Knoll AG. Seine berufliche Tätigkeit führte ihn mehrfach nach Amerika, China, Japan, Israel, Rußland und andere europäische Staaten.
Ein ganz besonderes Erlebnis waren die Olympischen Winterspiele in Sapporo 1972 und 1988 in Calgary. "Es ist ein wunderschönes Erlebnis gemeinsam mit den jungen Spitzensportlern unseres Landes, im olympischen Dorf zu wohnen ," sagt Eichler. "Diese Atmosphäre ist mit nichts anderem zu vergleichen." Die deutsche Eishockey- Nationalmannschaft mag zwar nicht zu den Größten der Weltelite gehören, aber sie hielt sich immer tapfer im Mittelfeld.
1990 schied Eichler aus dem aktiven Berufsleben aus. Auch beim DEB hat er keine Funktion mehr inne. Allerdings wurde er zum Ehrenmitglied ernannt. Bei den Adlern ist er gerne gesehen, er hat eine Ehrenkarte und beobachtet Spiele und Spieler mit großem Interesse.
"Es hat sich viel geändert zu früher. Wir trainierten 2 mal die Woche, heute trainieren die Spieler oft 2 mal am Tag. Beklagenswert ist, daß immer mehr Ausländer deutsche Spieler in den Vereinen ersetzen und so den Nachwuchs für unsere Nationalmannschaft verdrängen. Aber die Vereine müssen eben siegen.
Zuletzt lebte Eichler mit seiner Frau Ilse- früher einmel hessische Jugendmeisterin im Skilauf- in Mannheim, sein verheirateter Sohn arbeitet in einer Großbank in Frankfurt.
Als besonderen Glücksfall betrachtet Eichler aber seinen heutigen Wohnsitz- gelegen zwischen Pfälzer Wald und Odenwald. Er erinnert sich an seine Kindheit, wenn im Spätsommer und im Herbst seine Großmutter zum gemeinsamen Spaziergang- bewaffnet mit Messer und Spankörbchen- in die nahen Wälder zum "Schwomme suchn" rief. Für uns Kinder dies damals ein nicht unbedingt erfreulicher Zeitvertreib. Heute ist es zum schönsten Hobby geworden. Kein noch so schön und hoch gezüchteter chinesischer Edelpilz schmeckt so gut, wie ein selbst gefundener Steinpilz, oder ein selbst geernteter Eierschwomm. Dann erklingt bei uns zuhause das Lied von Anton Günther:
Eine besondere Freude bedeuten für Ernst Eichler aber auch die jährlichen Treffen der Schüler und Freunde des Komotauer Goethe Gymnasiums in Würzburg und die alle 2 Jahre stattfindenden Heimattreffen in Erlangen. Dort trifft er jeweils viele alte Bekannte, Freunde und frühere Mitschüler. Der Gedankenaustausch und die Erinnerungen an die alte, schöne Heimat wollen kein Ende nehmen.
Dr. Ernst Eichler verstarb 1/2 Jahr vor Vollendung seines 80. Lebensjahres in seiner Wahlheimat Mannheim. Alle, die ihn kannten werden ihm ein ein ehrendes Andenken bewahren.