Der Hockewanzel - Walhalla der Persönlichkeiten

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Der Hockewanzel

Eminenzen/ Excellenzen, Hochwürden
Hockewanzel
der Eulenspiegel im Priestergewande

Hockewanzel, der Eulenspiegel im Priestergewande ist ein Original, das im sudetendeutschen Raum seinesgleichen sucht. Er ist zwar kein Relikt unserer unmittelbaren heimatlichen Umgebung. Auch die Mundart, die in den Dialogen vorkommt ist nicht die unsere. Die heiteren Geschichten jedoch, die über ihn existieren, sind es wert, ihm hier eine eigene Seite zu widmen. Zwei dieser Geschichten sollen hier nacherzählt werden.

Hockewanzel ward geboren am 8. Jänner 1732 zu Neustadl. In der Neustadler Mühle wuchs Wenzel unter der Obhut seiner Mutter auf. Im Jahre 1756 wurde Wenzel Hocke im Leitmeritzer Dom St. Stephan zum Priester geweiht. Er wirkte 13 Jahre an verschiedenen Orten als Kaplan. 1769 wurde er Pfarrer in Kleinbocken. Schließlich 1779 erhielt Hocke die Ernennung zum Erzdechanten von Politz.


      Mütze ohne Stecken

Hockewanzel durfte in seiner Eigenschaft als Erzdechant die Mitra, die Bischofsmütze, tragen. Etwas aber fehlte Hockewanzel noch, wenn er die Inful nach beendeter Feier wieder ins Futteral steckte: Der bischöfliche Krummstab. Er meinte immer: "Den Stecken müssen sie mir auch noch geben." Doch die hochwürdige geistliche Obrigkeit in Leitmeritz war trotz eifriger Bitten nicht dazu zu bewegen. Hockewanzel machte ein schriftliches Bittgesuch beim Konsistorium. Doch von da kam der Bescheid, daß das Gesuch abzulehnen sei. Hockewanzel möge nicht mehr in gleicher Sache nachzusuchen.
Wutentbrannt antwortete Hockewanzel:" Hochwürdiges Konsistorium ! Wenn ihr mir den Stecken nicht geben wollt, dann pfeif ich auch auf die Mütze! Wenzel Hocke Erzdechant."

So ein grobes Schriftstück war nun doch noch nicht in der bischöflichen Kanzlei eingegangen. Begreiflich, daß es in der Sitzung des Domkapitels darob hohe Entrüstung gab. Allgemein wurde der Wunsch nach exemplarischer Bestrafung laut. " Wohlan", sprach der Bischof, " er soll eine scharfe Rüge erhalten und im Wiederholungsfalle soll kanonische Strafe angedroht werden.
Hockewanzel indes las bedächtig die Rüge und legte sie zu seinen Akten. Er nahm die Bibel zur Hand, blätterte, und fand alsbald eine Stelle, die ihm in sein Konzept paßte.
Er schieb an das Domkapitel: "Hochwürdige Konsistorium! Psalm 32 Vers 9. Wenzel Hocke."
Bei seiner nächsten Sitzung befand sich unter den Einläufen auch Hockewanzels Schreiben. Der Referent meinte, daß Hockewanzel sich wohl entschuldigen wolle und nach seinem Dafürhalten müsse dies folgende Bibelstelle sein: "Laß mich Herr zu deinen Füßen meine schweren Sünden büßen." Der hochwürdige Herr Domprobst zog gleich die Bibel zu Rate. Er erbleichte. Dann las er zum Entsetzen aller die Bibelstelle vor: "Seid doch nicht wie Pferde und Maulesel, die keinen Verstand haben." "Pferde", "Maulesel", "keinen Verstand haben" schallte es durch den Raum. Der Beschluß war einstimmig: Hockewanzel müsse vor den hohen Rate und sich verantworten.
Der indes hatte in das Schwarze getroffen. Es war ein heißer Sommertag, als Hockewanzel nach Leitmeritz zitiert wurde. Dort stand er vor dem hohen Konsistorium um sich zu verantworten. Er entgegnete nur, daß er nichts dafür könne, wenn in der Bibel solche Worte stehen. Zu einem Fußfall aber war er nicht bereit. Er werde halt in Zukunft keine Bibelverse mehr schreiben. Die Versammlung stellte sich schließlich mit dieser Abbitte zufrieden und Hockewanzel wurde gnädig entlassen.
Draußen auf der Straße traf er den Bartelwenz, einen Bauern aus seinem Dorf. Man unterhielt sich lebhaft. Der Bartelwenz kam vom Kreisamt und wolle nun einen Barbier aufsuchen. Ob Hockewanzel nicht einen wisse. Hockewanzel meinte: "Gleich da um die Ecke das lange Gebäude. Da geht ihr die Stiege nauf und rechts im Gang die erste Tür. Da bin ich gerade balbiert worden. Ihr könnt es gar nicht besser treffen."
Bartelwenz tat wie es ihm geheißen. Er trat oben in das Zimmer, in dem der Bischof und sein Domkapitel tagten. Erschrocken wollte der Besucher wieder umkehren. Leutselig fragte ihn der Bischof: "Was wollen Sei denn lieber Herr?" "Oh ich wollte mich nur balbieren lassen, der Herr Erzdechant hat mich raufgeschickt. Er meinte er wär da grade auch balbiert worden und ich könne es nicht besser treffen."
"Da haben wir`s "sprach der Bischof, "er ist kaum zur Tür hinaus."  


Hockewanzels Grab in
Oberpolitz
Pimpels Hündel

Eines schönen Tages kam auch für Hockewanzel die Stunde, daß der Bischof zu einem Visitationsbesuch in seiner Pfarrei eintraf. Der Erzdechant fuhr mit dem Amtmann (Bürgermeister) dem Bischof bis zur Grenze seies Kirchsprengels entgegen und bracht ihn nebst Gefolge unter dröhnenden Böllerschüssen und Glockengeläute an seinen Bestimmungsort. Eine  Reihe von Festlichkeiten und Amtshandlungen mußte Hockewanzel über sich ergehen lassen. Diese nahmen für ihn einen viel zu schleppenden Verlauf.
"Wenn ich´s nich besser könnte", sagte er zum Amtmann, "pfiff ´ich mir in die Hände."
Der bischöfliche Zeremonienmeister  und Sekretär- Pimpels Hündel, wie ihn Hockewanzel nannte, weil er immer um seine bischöfliche Gnaden herumschwänzelte und seine Nase überall hatte- hatte mit prüfendem Blick alle Winkel der Kirche durchstöbert und öfters missbilligend den Kopf geschüttelt. Er war dem Erzdechant gram, weil er sich durch dessen Derbheit oft empfindlich getroffen fühlte. Er wußte auch genau, wen er seinen Spitznamen zu verdanken hatte. Hockewanzel hatte bei verschiedenen Anlässen Anspielungen auf die tschechische Nationalität des Sekretärs gemacht. Der suchte nun auf eine Gelegenheit, Hockewanzel in Gegenwart des Bischofs eins auszuwischen. Bei der Visitation der Kirche glaubte er, hinlänglich Stoff gefunden zu haben.

Als man zu Tische saß, erhob der Sekretär während einer Pause seine piepsende Stimme und sprach: "Ich muß mich nur wundern, bei aller Akkuratesse, die den Herrn Erzdechanten sonst auszeichnet, es ihm nicht gelingen mag, den Kirchvater zu einer ordentlicheren Reinigung der Kirchstühle und des Fußbodens anzuhalten. Nur ungern spreche ich es aus, aber nirgends habe so viel Staub angetroffen, als in dieser der heiligen Gottesmutter geweihten Kirche in Politz."
Alle schauten gespannt auf den Erzdechanten, der in so hinterhältiger Weise angegriffen wurde. Auch der Bischof blickte besorgt auf Hockewanzel und dachte: "Wie wird der sich wohl jetzt helfen." Über Hockewanzels Gesicht flog kurz eine kleine Röte des Zorns, dann hatte er sich gefaßt. Er nahm den Sekretär scharf auf´s Korn und sagte: "Da brauchen Sie sich gar nicht so zu wundern, denn das habe ich so angeordnet, daß meine Pfarrkinder den Herrgott nicht ins Gesicht neilügn brauchen." "Ja, wieso denn  ?" fragte Pimpels Hündel.
"Na des Rätsels Lösung will ich Ihnen gleich geben: Wenn ich zum Beispiel am Samstag die Kirche auskehren ließe, so lügen doch am Sonntag drauf meine Kirchkinder unserem Herrgott ins Gesicht, wenn sie bei der Messe singen:

"Allmächtiger , vor dir im Staube bekennt dich deine Kreatur."

Alle lachten; auch der Herr Zeremonarius lachte gezwungen mit. Hockewanzel aber hielt ihn mit seinem Blick fest und ging selbst zum Angriff über: "Na also, hab ich Ihnen Ihre Frage beantwort`. Nun komm´ Sie an der Reih´! Sagen Sie mir mal: Wie oft hat denn der Herr Jesus geweint?"
Nach kurzem Besinnen antwortete der so Gefragte: "Zweimal, soweit uns die Schrift darüber berichtet, und zwar über Jerusalem und am Grabe des Lazarus." "Nein, dreimal." "Ich wüßte nicht, wenn das gewesen wäre." "Das kann ich Ihnen gleich sagen: Wie ihn seine Mutter wollte ins Böhmische schicken."
So hatte Hockewanzel wieder mal die Oberhand behalten. Schlagfertig hatte er gezeigt, wer der Herr im Haus ist.

 
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