Hruschowan
Hos - Kri
Kirche St. Bartholomäus mit Schloß (später Pfarrei)
und unterer Teich (Foto 1930)
Hruschowan
1209 - heute
(Hrusovany)
Die nachfolgende reichhaltige Dokumentation über ihren Heimatort Hruschowan mit seinem vielseitigen Ortsleben hat Frau Ida Kremser, geborene Göttl, liebevoll erzählt und ebenso sämtliche Fotos zur Verfügung gestellt. Damit ist ein weiteres kulturelles Bild unserer geliebten, unvergessenen Heimat entstanden. Der Heimatkreis Komotau dankt Ihnen, sehr geehrte Frau Kremser, hierfür von ganzem Herzen.
Aus der Geschichte von Hruschowan…..
In der Ortsgeschichte 1209 wurde von einem Zeugen Broeda und seinem Sohn Thirsch Grussowan gesprochen. 1415 war wahrscheinlich Heysso von Kazel Besitzer des Dorfes, 1516 erscheint Georg Oppeln, später Bohuslav Felix von Lobkowitz, 1604 an der kaiserlichen Verwaltung von Komotau, 1620 besaß Nikolaus von Hochhausen nebst dem Dorf Eisenberg auch Hruschowan , 1623 Florian Diony von Schra. Nach dem 30jährigen Krieg kam Hruschowan mit Tenetitz an die Herren Negroni von Riesenbach.
Anfang des 18. Jahrhunderts überließ Graf Zdiar die Meierhöfe gegen einen Getreidezins an die Hruschowaner - und Tenetitzer-Bauern, in deren Eigentum sie auch blieben.
1817 wurde für die Kavallerie eine Reitschule gebaut, deren Flurname blieb bis zuletzt erhalten.
1829 ließen Franz und Josef Patig auf ihrem Feld ein Kreuz errichten. 1830 am 2. und 24. Mai traf die Felder ein verheerendes Hagelunwetter.
Beachtenswert ist, dass am 20. August 1813 Kaiser Alexander I. von Rußland, als er mit seinem Heere gegen Leipzig zog, im Schloß (Pfarrhof) übernachtete, siehe Bild 1.
Die geografische Lage von Hruschowan…
Gelegen auf einer sonnigen Hochebene südlich von der 10 km entfernten Kreisstadt Komotau. Diese war zu erreichen über die Bezirksstraße zur Heuschuppe Neosablitz/Pritschapl und der Pragerstraße. Die Verkehrsanbindungen über Losan bzw. Wissotschan zur Pragerstraße in Richtung Prag sowie die Straße über Horatitz (15%Gefälle) nach Saaz, die Straße Tenetitz – Priesen und der Bahnverbindung im nahen Horatitz versetzten uns in eine gute Ausgangsposition. Die Gemeinde Hruschowan grenzte im Uhrzeigersinn an die Kreisgemeinden Tschern, Neosablitz-Horschenz, Losan, Tenetitz und Holletitz sowie weiter südlich an die Saazer Gemeinde Horatitz. Als fließendes Gewässer gab es den Saubach, der im Tale von Hruschowan –Tenetitz floß.
Die Gesamtfläche von Hruschowan betrug 446 ha, davon wurden über 80 % als Ackerland mit Fruchtwechselwirtschaft, eine größere Fläche wurde für Hopfenanbau und verschiedenes Gemüse, insbesondere Gurken und für den Obstanbau genutzt. In der Viehzucht wurde das Höhenfleckvieh die Pinzgauer bevorzugt gehalten.
Wir in Hruschowan….. waren 1939 244 deutsche Einwohner.
Unsere Kirche stand in einer schönen Parkanlage
zwischen dem oberen und unteren Teich. Die Parkanlage wurde 1890 vom Verschönerungsverein
angelegt und bepflanzt. Gründer des Vereins war mein Großvater, damaliger Ortsvorsteher
Eduard Göttl. Gleich neben der Kirche befand sich das Denkmal zu Ehren des Vereins und
der geschaffenen Anlage.
Aber beginnen wir unseren Rundgang am Dorfeingang von der Komotauer Straße her.
Bevor wir/Sie Hruschowan erreichen, empfangen uns einige große Pappeln auf der Anhöhe
von Tschern ( wir nannten sie die Findeis - Pappeln), die weit ins Land schauten.
Hier im Obstgarten von unserem letzten Bürgermeister Josef Sieber - Nödl stand eine
Pestsäule. Gegenüber befand sich die Genossenschaftsschmiede. Rechts daneben kommt das
Haus von Wenzl Pitule mit einer gut gehenden Tapezier- und Sattlerei.
Die Straße nach Losan und zur Pragerstraße zweigt
hier ab. An der Straße nach Losan befindet sich seit 1888 unser Friedhof, zuvor war er
bei der Kirche angelegt.
Nun gehen wir ins Dorf auf der linken Seite vorbei an den Häusern von Patera Alois und
Voit Wilhelm und gegenüber sehen wir die von Schmotz, Strubl und Patig Heinrich und
Familie.
Wir sind auf der Dorfstraße und links ist jetzt das Obere Wirtshaus. Dieses Gasthaus
haben unsere Eltern Friedrich + Josefa Göttl 1928 von Frau Anna Engel gekauft; außerdem
11 ha Grundstücke und Wirtschaftsgebäude, die zu unserem Hof dazu kamen. Gasthaus und
Fleischerei erhielt dann als Erbteil der Bruder Julius Göttl.
Nun erblicken wir schon unsere majestätische
Kirche. Rechts über der Straße, wo wir gerade stehen, ist der Hof von unserem letzten
Bürgermeister Josef Sieber – Nödl, unterhalb davon der Meder Hof, erst Julius, dann
Sohn Norbert (wohl der größte Besitz in Hruschowan) Im Hof die Pfarrei (früheres
Schloss, Übernachtung Zar von Russland 1813).
Wir biegen auf der Straße in den eigentlichen Dorfplatz ein. Neben dem Oberen Wertshaus die „Villa" von Julius Meder, der Hof von Greger Julius, dann Sohn Wilhelm, eines der ältesten Generationen von Hruschowan (1600). Sem Else Meder, Dr. Heinrich Meder, Richard Schuster und Göttl Friedrich und daran anschließend unsere Schule. Diese wurde 1840 erbaut und 1908 aufgestockt. Aber bereits 1761 wurde ein Schulmeister namentlich genannt. Auch die Tenetitzer kamen hierher zur Schule. Eine Vielzahl der Schüler ging auf weiterführende Schulen nach Komotau oder Saaz.
Und mitten auf der Dorfstraße unsere „Gonge" mit dem gesammelten Reisig für das Johannisfeuer. Es sind der Pitule Nand, Kawan Lois, Greger Karl, Tauterman Karl, Göttl Karli, Berger Erich, Findeis Karl, Ridwan Willi, Engel Ed und Krogner Erwin.
Wenn wir uns auf die rechte Seite dem oberen Park zuwenden, sehen wir ein weiteres Denkmal, das Kudlich – Denkmal (Bauernbefreier 1848). Früher war auf dem Sockel die Büste von Kaiser Josef II, siehe Foto um 1900 im Fotoalbum.
In der Schulgasse, der „Goss" kommen wir vorüber bei Krogner Josef, Ridwan Otto, Richter Karl, Leitner Karl, Czernutzky Wenzl (dann Sohn Karl), Michl Norbert, Weis Karl (Bäcker), Sterzl Karl, Schlosserei, und am Eck das untere Gasthaus, die Semwirtschaft, die Frau Else Meder gehörte.
Hier an dieser Stelle geht es in einer Linkskurve auf der Straße in Richtung Horatitz – Saaz. Auf der rechten Seite stand unsere große Scheune (früher Nürnberger), dann kam die Tischlerei Knauschner Justin, Auszugshaus Sräga, Wagnerei Elsper Rudolf, und oben am Berg die „Achtner Villa". Später wohnten hier Direktor Divok von der Sparkasse Komotau,Hartl Karl und Quaika Mina.
Der Berg nach Horatitz hat ein Gefälle von 15 %, im Winter gut zum Schlittenfahren. Bei gutem Wetter ging man auf dem Fußweg über die „Leiten" und „Wihr" zum Bahnhof.
Auf der linken Seite am Hang das „Watschinl" mit dem „Göttl Teichl", eine Idylle für uns Kinder zum Spielen und Gänse hüten. Es war der Treffpunk für die jungen Leute und Stelldichein für die Liebespaare. Besonders schön war es, wenn im Frühjahr in der etwas wilden, parkähnlichen Anlage die vielen tausend Veilchen blühten.
Wir sind wieder oben angekommen und setzen unseren Rundgang im unteren Dorf und zum unteren Teich fort.
Links der Mühlsiegl-Hof, gehört mit zu Czernutzky, dann unteres Wirtshaus Nürnbergermit unterem Kaufladen von Frau Nürnberger, später Frau Knaab. Jetzt gehen wir vorüber am Hof von Ströga Franz, Greger Franz, und Haus von Kawan Franz. Im folgenden Bild sehen wir im Hintergrund den Hof von Karl Czernutzky.
Vorbei gekommen sind wir an unserer Dorfwaage und am Dorfbrunnen. (Sämtliche Höfe hatten einen eigenen Brunnen und seit 1923 gab es die Wasserleitung im Dorf). Das Gemeindehaus befand sich ebenfalls in Nähe der Parkanlage, wo Familie Scheiter wohnte, Steinbrecher und Herold in den Häusern beim Gemeindebrunnen, und unser Norbert Findeis in der unteren Semwirtschaft. Hier am unteren Teich im Park befindet sich das Krieger-Denkmal der Gefallenen von 1914-1918. Dieses und alle anderen Denkmäler waren eingezäunt und wurden von den Schülern unter Leitung des Lehrers gepflegt.
Daß wir in Hruschowan neben der mühsamen, körperlichen Arbeit, oder vielleicht auch gerade deshalb, zu feiern wussten, war vielen auch außerhalb bekannt. Wir suchten den Ausgleich im musischen Bereich und auf den Brettern der Bühne. Insbesondere die Jugend im Bund der deutschen Landjugend studierte jedes Jahr ein neues Theaterstück ein und Gastspiele an anderen Orten wie Reitschowes, sowie das Puppentheater, das unter Lehrer Sacher Vorführungen in den Parksälen in Komotau veranstalteten.
Aber setzen wir erst einmal wieder unsere Wanderung ins hintere Dorf in Richtung Tenetitz fort. Zunächst kommen wir links an der Rachl vorbei, ein Abenteuerplatz, wo wir Kinder so gerne Räuber und Schandarm spielten. In der Rachl floß das Überleiterwasser aus den Teichen hinab in den Saubach. Links die Anwesen von Schmotz Justin, Lorenz Josef und Michl – Olbert. Würden wir auf der Gemeindestraße nach Tenetitz weiter gehen, käme rechts die Sandgrube vom Bauer Sröga aus dem unteren Dorf. Die Strecke nach Tenetitz führt über einen Berg aus Geröll und Steinen.
Auf der linken Seite bergabwärts zum Saubach zu geht es in die Hopfengärten der Bauern. Auch gab es da Wiesen und vor allem Obstgärten, wie überall in und um Hruschowan herum.
Wir sind wieder oben angelangt. Und schon biegen wir ins hintere Dorf auf der „Vogelstang" ein. Die Straße zweigt sich nach Holletitz. Hier stehen die Häuser und Anwesen der Familien Band – Bartl, Wächter, Reichert, Tautermann-Spengler, Lorenz Theodor, Voit Anton, Berger Franz. Am Weg hinter den Höfen und Häusern: Schmotz Josef, Schuster – vorher Strohner Otto, Engel Otto, Totzauer Anton – früher Engel Ed.
Auf der „ Vogelstang" inmitten der Ansiedlung, bestaunen wir ein Sandstein - Monument mit einer Höhe von ungefähr 5 Meter von besonderer Schönheit Unser kleines Hruschowan kann sich dieses würdigen Denkmals rühmen.
Es stellt die trauernde Mutter Gottes dar und unter dem Kreuzesstamm kniet Magdalena, zu beiden Seiten je ein Engel. Der Spruch auf der Vorderseite lautet:
SELBST DER HAIDE RIEF: WAHRHAFTIG: DIESER IST GOTTES SOHN GEWESEN.
Auf der Rückseite befindet sich die Widmung:
OBFER DER TIEFSTEN ANBETHUNG /
OBFER DES INNIGSTEN DANKES /
NACH GLÜCKLICH BEENDIGTEN KRIEGE UND
GEHEMMTER ANSTECKENDEN KRANKHEIT /
ENTRICHTET VON WENZEL PATIG /
PAUER IN HRUSCHOWAN / IM JAHRE 1814
(Es handelt sich in diesem Text um keine Schreibfehler, sondern vor ca. 200 Jahren wurde so geschrieben). Im Volksmund wurde das Denkmal kurz „Dreifaltigkeits-„-" oder „Fruchtbarkeits- Säule" genannt.
Dieses Denkmal steht heute nicht mehr an dieser Stelle. Es wurde von den Tschechen unter Denkmalschutz gestellt und in die verbliebene vordere Anlage gebracht.
Aber kehren wir wieder in das alltägliche Leben zurück. Hruschowan hatte bereits um die Wende des 19. Jahrhunderts ein vorbildliches Genossenschaftswesen vorzuweisen So wurde eine Genossenschaftsschmiede 1901 erbaut. Diese stand am Dorfeingang an der Komotauer Straße, gepachtet 1920 vom Wagenschmiedemeister Wilhelm Voit, gebürtig aus
Außerdem besaßen ab 1929 im gemeinschaftlichen Eigentum und Nutzen die Bauern Czernutzky, Sräga, Göttl, Schuster, Patig, Lorenz eine große Dreschgarnitur mit Stromumwandler. Gekauft beim Landmaschinenhandel Leibmann in Wissotschan für einen Preis von je 11.000 Kronen je Bauer. Für die Betreuung wurde eigens ein Maschinist beauftragt.
Das war Hruschowan bis 1945. Nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung sind viele Häuser und Höfe nicht mehr bewohnt oder ganz verschwunden. Das einst schöne, blühende und gepflegte Dorf gibt es nicht mehr. Zurückgelassen wurde das mit Mühe und Schweiß seit Generationen erarbeitete Hab und Gut. Zurückgelassen haben wir unsere Ahnen auf dem Friedhof. O, mein Hruschowan!
Liebe Internetbesucher, schauen sie auch in das anschließende Fotoalbum, da sehen sie noch mehr aus unserem Hruschowan von einst.
Einwohner 1939: 244