Nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 zogen Angst und Bangen in unser Dorf ein. Die Besetzung durch die Rote Armee der Sowjetunion brachte Gewalt, Terror, Raub, Plünderungen und Vergewaltigen in unser Dorf. Die nachfolgenden tschechischen Svoboda Truppen haben sich dabei besonders hervorgetan. Frau Anna Zein nahm sich vor Angst das Leben. Edwin Günzl wurde schrecklich mißhandelt; dabei schlug man ihm das Auge aus. Er wurde in ein Konzentrationslager verbracht und später in die sowjetische Besatzungszone abgeschoben.
Im Lagerbuch des Lagers Glashütte ist ein Josef Hetz aus Zuscha verzeichnet (* 21.9.1900, Aufnahme 18.6.1945, entlassen am 10.9.1945).
Die Zuschner waren auf einmal rechtloses Freiwild auf ihrem Hof. Übergriffe der neuen Herren waren auf der Tagesordnung. Die Bewegungsfreiheit wurde eingeschränkt, niemand durfte ohne besondere Erlaubnis das Dorf verlassen. Aus dem Inneren Böhmens kamen die "Goldgräber". Sie suchten sich aus, welchen Hof sie sich aneignen wollten.
Zunächst wurden die arbeitsfähigen Bewohner ins Landesinnere gebracht. Da nun die Häuser leer standen, konnten die neuen Herren ungestört rauben und plündern.
Die einst selbständigen Bauern mußten nun wie Sklaven Fronarbeit leisten, ohne Rechte und Entlohnung, nur gegen notdürftige Unterkunft und karge Verpflegung.
Albin Schöninger, Bauer aus Zuscha Nr. 15/16 , hat umfangreiche Aufzeichnungen über sein Leben hinterlassen. Es war ein Leben, wie auch andere Bauern in Zuscha ähnlich gelebt haben.
Er berichtet, daß er unter dem tschechischen Verwalter Jan Valles bis 19. Oktober 1945 auf seinem Hof bleiben und arbeiten durfte. Dann wurde er zusammen mit anderen Männern nach Cim bei Pribam in Böhmen zur Zwangsarbeit gebracht. Dort war bis 16. Juli 1946 der Tscheche Oldrich Dvorak, Cim 18, sein Herr und Gebieter. Nach Umsiedlerlager und Transport landete er am 24. August 1946 in Zschornewitz in Sachsen, wo er den Rest seines Lebens verbrachte.
Albin Schöninger schildert seine Vertreibung wie folgt:
Im Morgengrauen des Kirchweihsonntag, dem 20. Oktober 1945 wurden er und seine Mutter Aurelia von einem tschechischen Offizier und dem Bürgermeister aufgefordert, sich innerhalb 15 Minuten mit Gepäck auf dem Dorfplatz einzufinden. In aller Eile wurden zwei Koffer gepackt, der eine mit Nahrungsmitteln, Geschirr und Besteck, der andere mit Kleidern, Wäsche, Schuhen, und Decken. Angezogen wurde, was man anziehen konnte, Kleidung über Kleidung. Mit einem Koffer in der Hand und einem Sack auf dem Rücken, eintausend Tschechenkronen in der Tasche, ging es zum Tor hinaus.
Albin Schöninger hat sorgfältig aufgeschrieben, was die neuen Herren bei der Vertreibung in die Hände gefallen ist:
An lebendem Inventar: 12 Kühe, 1 Ziege, 6 Kälber, 7 Jungkälber, 1 Zuchteber, 4 Mutterschweine, 4 Läufer, 6 Saugschweine, 5 Gänse, 5 Hühner, 1 Hahn.
An Felderträgen (Angaben in dz= 100 kg)
430 Gerste, 110 Roggen, 150 Weizen, 130 Hafer, 900 Stroh in beiden Scheunen, 2 alte Strohschober auf dem Acker, 200 Luzernklee, 480 Kartoffeln, 800 Zuckerrüben, ferner 200 kg Luzern- Kleesamen.
An Maschinen und Geräten:
1 Traktor MBA, 30 PS mit Stahl- und Gummibereifung, Baujahr 1943; 1 Zweischarpflug, 1 Vierscharpflug, 1 Walze, 1 Kultivator, 1 gummibereifter Wagen, 1 Sämaschine, 1 Kunstdüngermaschine, 2 Kleemaschinen, 1 Dreschmaschine, 1 Häckselmaschine, 1 Rübenschneidemaschine, 1 Strohpresse, j 1 Elektromotor 5PS und 1,5 PS, 2 Getreide- Selbstbinder, 1 Fäschelrechen, 2 Gespannkultivatoren, 2 Paar Schleppen, 3 Paar Eggen, 2 Ackerpflüge, 1 Kartoffelpflug, 2 Schälpflüge, 1Getreideputzmaschine 1 Rübenhackmaschine, 1Walze, 1 Milchschleuder, 1 Butterfaß, 1 Kartoffeldämpfer.
An Transportmitteln:
1 Leiterwagen, 5 Kastenwagen, 2 Paar Ehrenleitern, 1 Jauchefaß,1 Schlitten, 12 Schneekufen, 1 Landauer, 1 Steierwagen, 1 Kutschwagen, 1 Paar leichte Geschirre, 1 Paar Arbeitsgeschirre, 2 Sättel.
Diese umfangreiche Aufzählung macht deutlich, um welche Werte es sich bei der Enteignung und Vertreibung handelt. Die Höfe der anderen Bauern in unserem Dorf waren ähnlich ausgestattet, manche mehr, manche weniger.