Grausame Verbrechen gegen Völker- und Menschenrechte, begangen an den Sudetendeutschen, sind unauslöschlich mit der Geschichte der Tschechoslowakei verbunden. Mit Waffengewalt pressten die Tschechen 1919 die über 3,5 Millionen Sudetendeutschen in ihren gerade gegründeten Staat, in denen die Sudetendeutschen nie leben wollten. 1945/46 jagten die Tschechen die Sudetendeutschen – immerhin ein Drittel des Staatsvolkes – begleitet von unbeschreiblichen Massakern als vogelfreie Bettler über die Grenze. Erst also die Zwangseingliederung einer Volksgruppe in den ungeliebten Staat, dann nur 26 Jahre später, die totale Entrechtung eben dieser Volksgruppe und deren Vertreibung – das hat es in der europäischen Geschichte bis dahin nicht gegeben. Wissen das eigentlich unsere Politiker?
Nach dem Sturz der k- u .k. – Monarchie am Ende des Ersten Weltkrieges sollte alles anders werden in Europa, und die Pariser Friedenskonferenz sollte es richten. Im fernen Washington verkündete US-Präsident Wilson euphorisch das Recht der Völker auf Selbstbestimmung. Für die über 3,5 Millionen Sudetendeutschen bestand kein Zweifel von Anfang an, dass sie zu einem neu sich bildenden Deutsch- Österreich gehören wollten.
Einem Territorium, das von Villach im Süden, Bregenz im Westen, Reichenberg im Norden und Troppau im Osten reichen sollte. Während das Kerngebiet im Süden, das alte Österreich mit Wien als Hauptstadt, sich als komplettes deutsches Siedlungsgebiet darstellte, waren die sudetendeutschen Gebiete mal ein breiteres, mal ein schmaleres Band, das die junge Tschechoslowakei begrenzte.
Die neue Regierung in Prag mit Thomas G. Masaryk als ersten Staatspräsidenten an der Spitze und Eduard Benes als sein williger Helfer verfolgten von Anbeginn das Ziel, die sudetendeutschen Gebiete der Tschechoslowakei einzuverleiben, wohl wissend, dass ihr Staat ohne die hochindustriellen Sudetenländer gar nicht lebensfähig gewesen wäre. Es galt also, neue Grenzen zu markieren, vollendete Tatsachen zu schaffen, ehe die Pariser Friedenskonferenz sich an den Tisch setzte.
Böse Ahnungen erfüllten die Sudetendeutschen. Sie trauten nicht den lauthals von Masaryk und Benesch verkündeten Thesen, die Tschechoslowakei würde ein Staat werden nach bestem Schweizer Vorbild, mit gleichen Rechten für alle Bürger. Das Misstrauen der Sudetendeutschen war nur allzu berechtigt. Für den 4. März 1919 war in Wien die erste Sitzung des National-Parlaments für Deutsch- Österreich anberaumt worden. Kurzerhand verbot Prag den sudetendeutschen Abgeordneten daran teilzunehmen. Der erste Schlag gegen die Sudetendeutschen, ihr Selbstbestimmungsrecht. Folge: In den Sudetengebieten riefen die Sozialdemokraten zum Generalstreik, verbunden mit Kundgebungen in Städten und Landgemeinden auf. „Für Freiheit und Selbstbestimmung und gegen Unterdrückung".
Aus einem Aufruf: „…schweigend aber nicht stumm, richten sich heute Auge und Herz nach Wien, wo das freie Deutsch- Österreich zum ersten Mal die Vertreter des Volkes versammelt. So wollen wir heute zu Tausenden an den Kundgebungen teilnehmen, die sich gegen die Vergewaltigung unseres Rechts richten…." Das Echo war gewaltig. Überall im Sudetenland, in Stadt und Land strömten die Menschen aller Parteien und aller Berufe auf Straßen und Plätze. „Wir wollen nicht Hörige anderer Nationen sein" und „Gegen Fremdherrschaft und Unterdrückung" so und so ähnlich war zu lesen auf den Spruchbändern, formulierten es die Sprechchöre. Den Tschechen war bewusst, dass sich die Sudetendeutschen nicht ohne Widerstand dem Prager Diktat fügen würden, in der Tschechoslowakei zu leben. So besetzte tschechisches Militär schon Anfang 1919 sudetendeutsches Territorium. Am 18. Januar 1919 begann die Pariser Friedenskonferenz zu deren Leitlinie US-Präsident Wilson den Satz formuliert hatte „…allen Völkern und Volksgruppen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und – gleichgültig ob sie stark oder schwach seien, Anspruch darauf haben, in Freiheit und Sicherheit leben zu können …" (Punkt 14 des Wilson-Programmes). Und dafür, nur dafür, gingen am 4. März 1919 die Sudetendeutschen auf die Straße, demonstrierten friedlich.