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Abseits der "großen Schiene": Die Raffaeli- Bocklbahn zwischen Körbitz und Komotau- Oberdorf. Das Bild zeigt die Bahn unterhalb Tschernowitz.

Die Elsa- und die Rafaeli- Grube

aus der Komotauer Zeitung 3/ 1981 mit Ergänzungen von Helmut Mürling

Lied: Glückauf, der Steiger kommt

Die Komotauer Mannesmann Werke und die Poldihütte hatten als metallverabeitende Betriebe einen hohen Energiebedarf. Beide konnten sich nur deshalb hier ansiedeln, weil die nordböhmische Braunkohle vorhanden war. Mannesmann hatte den Juliusschacht zwischen Eidlitz und Komotau als Energie- Lieferanten.  Die Poldihütte wurde zum einen vom  Elsa- Schacht bei Deutsch Kralupp zum anderen von der Rafaeli- Grube bei Körbitz mit Braunkohle beliefert. Von den beiden letzteren soll hier berichtet werden:

Sie gehörten der Poldihütte Kladno/ Komotau. Gemeinsam waren beide Zechen der Bergbau- Direktion Komotau unter Dipl. Ingenieur Hugo Gebauer unterstellt. Die technisch betriebswirtschaftliche Verwaltung beider Schächte war über zwanzig Jahre (1919- 1941) in Deutsch Kralupp bei Dipl. Bergingenieur Rudolf Kristl. Beide Bergwerke waren also gewissermaßen Schwestern, wenngleich in vielen Dingen grundverschieden.

Die Raffaeli Grube hatte eine sehr hochwertige Kohle und der Abbau war weniger schwierig. Beim Elsa- Schacht sorgten geologische Verwerfungen untertage für schwierige Abbau- Verhältnisse. Auch Grubenbrände waren oft bei Elsa Alltag. Diese mußten durch eiliges Vermauern der Strecken dann erstickt werden. Bei Raffaeli gab es dies praktisch nicht.

Trotz allem war der Elsa Schacht bevorzugt. Er hatte einen direkten Gleisanschluß an die Bushtierader Staatsbahn ausgehend vom Bahnhof Deutsch Kralupp. Täglich wurde die Kohle abtransportiert. Die Raffaeli Zeche hatte dafür nur eine Schmalspurbahn, die alle zwei Stunden verkehrte. Die Kohle wurde zur Verladerampe nach Oberdorf gebracht und dort umgeladen.

Erster Halt war Tschernowitz, wo beim Haus der Schichtmeisters Panzner Wasser gefaßt wurde. Die drei Bockl (Lokomotiven) namens Fanny, Ida und Rosa taten sich mit ihrer Last schwer. Hinter Tschernowitz war mit dem "Eichbüschl" eine große Steigung zu überwinden. An der Ausweiche mußte dann auf den leeren Gegenzug aus Oberdorf gewartet werden. Für das Zugpersonal gab es hier so manches erholsame Intermezzo.

Die zweite Streckenhälfte bis Oberdorf war leichter für das Bockl. Der Staatsbahn- Gleisanschluß kam vom Komotauer Hauptbahnhof. Er folgte bis zur Straßenüberführung in der Kaadner Straße der Gebirgsbahn nach Weipert/ Reizenhain und verließ diese dann in weitem Linksbogen.

Der Elsa- Schacht wurde bereits in den zwanziger Jahren elektrifiziert, bei der Raffaeli Grube vollzog sich die Förderung bis in die dreißiger Jahre noch mit Dampf. Wohl aus diesem Grunde "fällte" man etwa 1936 den großen Schornstein der Raffaeli Grube, was viele Schaulustige anlockte.

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Sprengung des Schornsteines der Rafaeli- Grube

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Dipl. Bergingenieur  Rudolf Kristl fotografierte den Elsa- Schacht in der hl. Nacht 1928. Fallende Schneeflocken künden von der Weihnacht. Das hell erleuchtete Kesselhaus zeigt an, daß untertage gerade die Mettenschicht gefahren wurde.

 

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Dipl. Bergingenieur Rudolf Kristl ( * 7.10.1889 in St. Joachimsthal, + 26.1.1964 in Kassel) mit Ehefrau Maud, * Scharboth (Foto um 1928)

Belegschaftsmitglieder beider Schächte aus Deutsch Kralupp und Körbitz, aber auch die  aus den umliegenden Dörfern, erinnern sich gerne an ihre einstigen Arbeitsstätten und ihrer Betriebsleiter. Sie alle waren eine große Familie, gleichgültig, ob sie als Hauer, Zimmermann unter Tage, oder als "Rampenmann", Werkstätter oder "Beamter in der Kanzlei", ihren Dienst taten.

Im Jahre 1945, am 24. August, wurde das tschechische KZ Glashütte in Komotau aufgelöst.. Die damaligen Lagerinsassen kamen daraufhin zur Rafaeligrube in die Rafaelehalle. Dieses Zwangsarbeiterlager wurde ein Jahr später, am 31. August 1946, aufgehoben. Insgesamt 106 deutsche Personen, darunter 12 Frauen, wurden dann in das Zwangsarbeiterlager Strimitz bei Brüx gebracht. Die übrigen wurden zur Evakuierung ins Poldihüttenlager nach Komotau überstellt.

Heute erinnern nicht einmal mehr Ruinen an die beiden Schächte. Letztendlich obsiegte der Braunkohle- Tagebau. In den 60er Jahren fielen die Stadt Deutsch Kralupp und die Dörfer Körbitz,  Hagensdorf, Sosau, Naschau, Prahn, Prenzig, Liebisch und Retschitz der Abrißbirne zum Opfer. Heute klafft ein riesiges Erdloch, wo einst eine blühende Landschaft war.