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Wohl an die tausendmal zog ich die endlos graue
Straße, den Schornsteinen entgegen, die weit vor uns im Nebel staken. Und vor mir und
neben mir und lange noch im Rücken marschierte Mann um Mann, ein jeder blaß und ernst
und voll Gedanken im Angesicht der heimatlichen Berge, die, nah zum Greifen, uns das Herz
voll Sehnsucht luden, denn hinter ihnen lag ja doch die freie Welt, die wir nur still noch
rechnen durften. Und so ging jeder der Verbannten stumm und zag dahin,
den müden Schritt doch rasch gestrafft,
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Werk Maltheuern heute. Vorne Oberleutensdorfs
Plattenbauten, in der Mitte das Hydrierwerk Maltheuern, hinten rechts der Brüxer
Schloßberg.
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Kohlezeichnug
von Karl Heinz Wagner |
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Auf dem Weg zur Arbeit |
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Feindselig hart verzerrte Gesichter, mit zu Schimpf
und Fluch geformten Lippen lugen durch die Fenster, auch auf der Straße begegnet uns
solch häßlich Blicken und Gebärden. Da wieder springt ein Wildling in den Riesenzug, an
den Gezeichneten durch Spucken und Schrei`n und Schlagen seinen Mut zu proben. Wir hören
nichts, wir spüren`s nicht - es ist ja Tag um Tag derselbe Haß, der uns, ob hier , ob
dort, entgegenschlägt. Nichts bringt uns aus dem Gleichmaß unseres stummen Trottes, nur
tief in uns wächst riesenhaft der dumpfe Schmerz des so Getretenen. Die Wächter halten
uns jetzt doppelt scharf im Aug und wehe dem , der es noch nicht vermocht, die Schmach zu
dulden, ohne aufzuschreien. So zwingen wir mit Blicken uns zur Ruhe.Verstohlen wischt wohl
einer Zornestränen aus den Augen. Und rasch stößt warnend einer seinen Vordermann, weil
der, im Wirbel des Geschehens, seinen Schritt verlor. Sogleich schlägt dann auch wieder
dessen Sohlenholz wie das der anderen rhytmisch gut und recht den Takt des Marsches auf
die harte Bahn.
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Im Monat Juli 1945 wurden fünfzehn Kranke mit
Lungentuberkulose, welche zu einem Invalidentransport zusammengestellt waren, von einem
Militärkordon unter dem Befehl eines Offiziers erschossen, wofür als Begründung
Verhütung einer Epidemie angegeben wurde. Im Monat August 1945 wurde vor der angetretenen
Belegschaft des ganzen Lagers ein Sträfling von einem tschechischen Militärkordon
erschossen, weil er im Hydrierwerk angeblich aus einem Treibriemen ein Stück
herausgeschnitten hatte , um sich daraus Schuhsohlen zu machen, was als Sabotage ausgelegt
wurde. Kadle Vlasak schoß seinen Hofnarren in den Kopf, als er ihm zum Spaß seinen
Zylinderhut vom Kopf schießen wollte. Als der Erschossene bereits im Sarg lag, gab er ihm
noch zwei Schüsse ins Herz, weil er noch nicht ganz tot war.
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Am furchtbarsten und demütigendsten waren die
ständigen Prügel. Die Prügel fingen schon bei der Einlieferung in das Lager an. Es
wurde den Eingelieferten zunächst alles abgenommen, darauf wurden sie glatt rasiert,
geschoren und geprügelt. Dann mußten sie stundenlang in der prallen Sonnenglut an einer
gegenüberliegenden Wand stramm stehen, welche wir deshalb Klagemauer nannten. Prügel gab
es mit der Faust, der Peitsche und dem Gummikabel. Prügel gab es bei Tag und bei Nacht,
keine Nacht war Ruhe, jede Nacht gab es Prügel, Geschrei, Schüsse und Peitschenknallen.
Nachts drangen Tschechen von auswärts in das Lager ein. Die Gefangenen wurden von den
Pritschen geholt und bis zur Bewußtlosigkeit geprügelt. Dann wurde den Bewußtlosen
Salzwasser in die Augen geschüttet und die Schnurrbarthaare und Augenwimpern mit
brennenden Streichhölzern angezündet, bis sie wieder zu sich kamen. Dann ging die
Prügelorgie weiter, bis die Peiniger vor Erschöpfung nicht mehr konnten oder die
Gequälten mit dem letzten Stöhnen verendeten.
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Die Ermordung der
Sedlaks im KZ Maltheuern
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Die Gefangenen mußten
sich gegenseitig verprügeln
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Die Prügelorgien bestanden aus einem raffinierten
Foltersystem. Die Gefangenen wurden zuerst mit Ohrfeigen, Faustschlägen und Gummikabel in
das Gesicht, auf den Kopf und den Körper geschlagen und mit Fußtritten und Kniestößen
in den Bauch, in die Hoden und gegen die Schienbeine getreten, bis sie zusammenbrachen.
Dann stiegen die entmenschten Tschechen auf die liegenden Körper und traten und sprangen
mit den Stiefeln darauf herum. Ein besonderer Sport bestand darin, daß die Männer den
Kopf in die Hundehütte stecken mußten und von rückwärts auf das nackte Gesäß
geprügelt wurden. Unvergeßlich blieb mir die Szene, wo halbnackte Menschen im Staube
kriechen und Gras raufen mußten, indessen der tschechische Sklavenhalter in der Mitte mit
der Peitsche auf die nackten Leiber knallte.
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