Franz Josef Ritter von Gerstner

von Prof. Ing. Franz Schreiter (+), Komotau (gekürzt)

Franz Josef von Gerstner war ein gebürtiger Komotauer. Er wirkte im 18. und 19. Jahrhundert bahnbrechend darin mit, daß Europa den Anschluß an die Weltwirtschaft nicht verpaßte. Sein Wirken ist noch heute Maßstab für viele Praktiken in Technik und Wissenschaft.

Franz Josef Ritter von Gerstner, Doktor der Philosophie, k.k. Gubernialrat, Ritter des österrreichischen Leopoldordens, Direktor der Physisch- und mathematischen Studien an der Universität Prag, des technischen Instituts Prag, Professor der höheren Mathematik, Astronomie und technische Mechanik, k.k. Wasserbaudirektor im Königreich Böhmen ist der eigentliche Begründer technischer Hochschulen und war der Bahnbrecher der kontinentalen Industrie.

Ritter von Gerstner wurde am 23. Feber 1756 als Sohn des Bürgers und Riemermeisters Florian Gerstner zu Komotau geboren. Sein Geburtshaus stand in der Hottergasse, der späteren Gerstnergasse.

Der hochbegabte Knabe fand mit 8 Jahren Aufnahme am Komotauer Jesuitengymnasium, wo er von 1765 bis 1772 seine wissenschaftliche Ausbildung erhielt. Hierauf studierte er an der Universität in Prag Philosophie, Astronomie, höhere Mathematik und Theologie. Im Jahre 1776 und 1777 legte er im großen Karolinensaal der Prager Universität die öffentlichen Prüfungen mit bestem Erfolg ab.

Gerstners Geburtshaus, Gerstnergasse Nr. 6/ 227

 

Im Jahre 1779 erfolgte die erste praktische Anstellung im Fache der praktischen Geometrie als Ingenieur der Robot- Abolition- Hofkommission. Danach ging Gerstner 1781 nach Wien, um Heilkunde zu studieren. Doch Gerstner erkannte, daß das Medizinstudium nicht das richtige für ihn sei. Der Direktor der Wiener Sternwarte P.Hell veranlaßte ihn, sich wieder ganz der Astronomie und Mathematik zu widmen. Im Jahre 1784 wurde er Adjunkt an der Prager Sternwarte unter Strnad. In den Jahren 1788 bis 1789 supplimierte er die Lehrkanzel der höheren Mathematik und wurde am 4. Dezember 1789 zum Ordinarius dieses Faches ernannt. Seine Vorlesungen wurden immer zahlreicher besucht, denn Gerstner hielt nicht nur Vorträge über höhere Analysis und Astronomie, sondern auch über Mechanik und Hydrodynamik mit ihrer Anwendung im bürgerlichen Gewerbe und die Maschinenkunde. Er verbesserte alte Maschinen, baute neue, die von den meisten Hüttenwerken übernommen wurden.

Im November 1795 übernahm Ritter von Gerstner in der Revisionskommission für öffentliche Schulen das Referat über naturwissenschaftliche Studien. Seine Prioritäten setzte er in Physik, Naturgeschichte, physischer Erdbeschreibung, Mathematik, Landwirtschaft und Technologie. In diesen Fächern erarbeitete er umfassende Lehrpläne.
Die Ansicht am Ende des 18. Jahrhunderts war: "Den Staaten des Kontinents ist es am zuträglichesten, sich auf Land- und Bergbau zu beschränken. Die Verarbeitung der gewonnenen Rohstoffe sollte den Maschinen Englands überlassen werden."
Gerstner bekämpfte diese Behauptung mit aller Entschiedenheit und erbrachte den Nachweis, daß sie grundsätzlich verderblich sei. Er wies auf den hohen Stand der englischen Industrie hin, die den Kontinent im Welthandel zu untergraben drohte. Gerstner bewies die Notwendigkeit, die heimische Industrie durch Errichtung technischer Bildungsanstalten zu unterstützen.

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Pferdeeisenbahn Linz- Budweis

 

Das Gerstner Denkmal am Siemensplatz in Komotau, enthüllt  anläßlich seines 100. Todestages am 30.6.1932

 

Nach umfangreichen Vorbereitungen erfolgte die Eröffnung des ständigen polytechnischen Institutes in Prag. Gerstner war somit der geistige Gründer dieser ersten technischen Hochschule auf dem europäischen Kontinent. Er wurde Direktor dieses Institutes.

Im Jahre 1807 erhielt Gerstner den Auftrag, die Möglichkeiten eines Verbindungskanales von der Moldau zur Donau zu untersuchen. Er erkannte aber bald, daß dieser Kanal nicht die in ihn gesetzten Hoffnungen erfüllen werde. Er schlug daher die Erbauung einer Eisenbahn von Budweis nach Linz vor, die viel geringere Kosten verursache. Das Projekt wurde angenommen, aber erst zu späterer Zeit ausgeführt.

 

1808 zeichnete ihn Kaiser Franz mit dem soeben gestifteten Leopoldorden aus. Franz Josef Gerstner durfte sich fortan "Ritter" nennen.

Im Jahre 1821 erkrankte er ernsthaft an Bluthusten. Eine bedeutende Schwächung seiner Augen war die Folge. 1822 legte es seine Professur nieder. In den Jahren 1823 - 1824 wurden unter der Leitung seines Sohnes Franz Anton die Vorarbeiten der Bahnstrecke Linz- Budweis vollendet

Ritter von Gerstner legte von da an nach und nach alle seine Ämter nieder. Gerstner wollte den Rest seines Lebens in Ruhe der Vollendung seines Lehrbuches widmen. Er begab sich am 7. Juni 1832 auf das Gut seines Schwiegersohnes bei Jicin. Trotz sorgfältigster Pflege verstarb Ritter vonGerstner am 23. Juni 1832.

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Das Grab Franz Josef Gerstners am Komotauer Hauptfriedhof

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Die Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft hat am 29. Juni 1975 beschlossen, in Erinnerung an die bedeutenden wissenschaftlichen Leistungen Franz Josef Ritter von Gerstners eine nach ihm benannte Medaille zu stiften. Sie wird an Persönlichkeiten verliehen, die sich besondere  Verdienste um Wissenschaft und Forschung erworben haben.

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Link: Gerstner Gasse

Link: Die Gerstner Medaille- Preisträger

Link: Das Gerstner- Denkmal