Der verirrte Wanderer nach mündlicher Überlieferung |
Als ein gewaltiger Erdrutsch an der starken Biegung der Eger das Dörfchen Alt- Strahn absinken ließ, blieben neben zwei kleinen Häusern auch ein Teil der Kirche und des Friedhofes erhalten.
Da der Glockenturm durch Risse und Brüche zu Schaden gekommen und zur Seite geneigt war, hörten die Strahner bei Nacht das vom Wind bewegte Glöcklein läuten.
Es mahnte die wie durch ein Wunder mit dem Schrecken davongekommenen an die Vergänglichkeit des Lebens.
In einer stürmischen Nacht näherte sich ein mit der Örtlichkeit nicht vertrauter Wandersmann auf der Suche nach einer warmen Mahlzeit und einem Obdach dieser Stelle. Es war dunkel, daß man die Hand nicht vor den Augen sehen konnte. Mühsam suchte sich der Bursche auf dem Weg zu halten. Aber je weiter er kam, desto mehr kam er davon ab, bis er schließlich hilflos durch die Nacht irrte.
Der Wandergesell wäre in der Finsternis unfehlbar verloren gewesen, wenn nicht plötzlich eine Glocke zu läuten begonnen und dem Verirrten auf den richtigen Weg gewiesen hätte.
Glücklich in der Hoffnung, in der Nähe von Menschen zu sein, legte er sich nieder und schlief ein.
Erst am Morgen erkannte er sein Lager auf dem Friedhof, den Abgrund über dem er eingeschlafen war und wußte, daß ihm das Glöckchen über Klüfte und Risse hinweg an einen sicheren Ort geführt hatte.
Bewegt fiel er auf die Knie und dankte dem Schöpfer.
Als die Strahner die Erzählung des Wanderers hörten, hielten sie mit ihrer fleißigen Hausarbeit inne, um das Glöckchen an ihre neue Wohnstatt zu holen.