Der Fleischerhof |
"Vergaß Dei Haamit net" Geschichte einer Pirkener Familie |
Margot Brünner, Enkelin von Albrecht Fleischer, hat die folgende Geschichte eines der großen Bauernhöfe Pirkens, des Fleischer Bauern, zusammengestellt. Die Fotos stammen aus dem ererbten Fotoalbum ihrer Eltern und Großeltern. Sie stellen wichtige Dokumente vom Deutschtum in Böhmen dar. Der Heimatkreis Komotau dankt Ihnen, werte Frau Brünner, sehr herzlich für Ihren Einsatz für unsere Heimat.
Das Haus meiner Großeltern Albrecht und Anna Fleischer, lag am Ortsende von Pirken, auf dem Wege zum Hutberg, wohl beschützt von Obstbäumen. Es ging eine Anhöhe hinan. Sie war so steil, daß man im Winter gut mit dem Schlitten hinab fahren konnte. |
Weg zum Fleischerhof |
"Fleischerhof"- Haus Nr. 20 vor der Vertreibung |
Albrecht und Anna Fleischer vorm Haus vor der Vertreibung |
Meine Großeltern bewirtschafteten einen mittleren Bauernhof. Sie hatten fünf Söhne und eine Tochter. Josef, genannt Pep, der älteste, war kaufmännischer Angestellter bei Mannesmann in Komotau. Wenzl war Zimmerpolier bei der Fa. Günzl in Görkau. Albrecht besuchte die Staatsgewerbeschule in Komotau und wurde Diplomingenieur. Anton (Toni) lernte Fleischer und arbeitete in Oberdorf beim Hotel Reichenauer. Edwin wurde, wie Wenzl, Zimmerpolier.
Drei gute Freundinnen aus dem Jahre 1941: Milli Mayer, Hildegard Fleischer und Trudl Sommer |
Meine Mutter Hildegard, die jüngste, erhielt eine gute Schulausbildung und besuchte einen Näh-, Koch- und Krankenpflegekurs. Dies war in der arbeitsarmen Zeit im Winter. Im Sommer mußte sie als Bauerntochter im Hause mitarbeiten. Großmutter Anna war stolz auf ihre Tochter, denn sie mußte nicht , wie andere Töchter, arbeiten gehen. Sie sagte immer zu ihrer Tochter: "Du werst emol kaane Fabrikmood." Was soviel heißt, daß sie nicht als Industriearbeiterin in einen Betrieb gehen sollte. |
Peps Freizeitbeschäftigung in Pirken. Onkel Wenzel`s Gespann |
Vater Fleischer mit Edwin und Hilda im Garten (Mai 1935) |
Mein Opa arbeitete als gelernter Zimmermann. So erstellte er für die Pirkner Schule eine stabile Turnstange für den Turnunterricht.
Am Wochenende ging Oma mit dem Buckelkorb oder Leiterwagen nach Komotau auf den Wochenmarkt, um dort Obst, Gemüse und Kartoffeln zu verkaufen. Die guten Äpfel, Birnen, Kirschen und Zwetschgen aus unserem Garten waren in Komotau begehrt. Das milde Klima am Erzgebirgsrand ließ das Obst bestens gedeihen.
Fleischer Hilda und Hünl Hilda beim Kirchgang nach Görkau (Sommer 1934) |
Baumblüte mit Hilda 1936 |
Auch geheiratet wurde bei uns in Pirken öfters:
Große Hochzeit der Fam. Fleischer: Marie Fleischer, Firmpatin meiner Mutter Hilda Fleischer (oben links). Sie heiratete einen Herrn Wagner. |
Hochzeit einer Cousine meiner Mutter: Julie Günzel. Bräutigam Eduard Richter. Die Brautjungfern sind links Hedi Proksch und rechts Hilda Fleischer |
Durch den großen Einsatz von allen Familienmitgliedern gewann der Fleischerhof mehr und mehr an Bedeutung. Er wuchs zu einem der größten Anwesen in Pirken heran. Opa sagte immer: " Der Kempf und ich sind die größten Bauern im Ort."
Hilda Fleischer mit Sonntagsgast Margit Mootz vorm Haus (Juli 1943) |
Fritzl beim Spiel im Sandkasten am Auszugshäusl (1943) |
Opa und Oma hofften immer, die geliebte Heimat nicht verlassen zu müssen. Dennoch wurden sie am 13. Mai 1946 mit der letzten Vertreibungswelle aus Pirken vertrieben. Die Söhne wurden in alle Winde zerstreut. Sie kamen nach, Kiel, Essen, Kassel und ins Allgäu. Die Großeltern blieben bei ihrer Tochter Hilda, meiner Mutter, in der Oberpfalz. Sie erlebten dort ihre Goldene und Diamantene Hochzeit.
Der Fleischerhof, Gemälde von Herrn Giess (1999) |
Albrecht und Anna Fleischer gaben bis ins hohe Alter die Hoffnung nicht auf, in ihre geliebte Heimat zurück zu kehren. Ich lauschte gebannt ihren Erzählungen. Sie lebten auch in der neuen Heimat getreu dem Motto
Margot Brünner, E-Mail:: pirken@gmx.de