Der Görkauer Maskenzug, Oelgemälde von Karl Heinz Wagner

Der Görkauer Maskenzug

Heimatarchiv

Die nachstehende Geschichte ist ein etwas anderer Bericht zur Faschingszeit. Er soll zeigen, daß die Menschen in der 5. Jahreszeit wohl fröhlich sein sollen. Es gibt aber gewisse Tabus, wie die Totenruhe, die auch im Fasching nicht gebrochen werden dürfen.
Am Faschingsdienstag des Jahres 1588 ging es in der Stadt Görkau überaus fröhlich zu. Die Schuljugend machte mit Schreien und Peitschen einen Spektakel, daß die Häuser in den Gassen wackelten. Der Hochzeitsplampatsch (Spaßmacher) ritt auf einem Grauschimmel und trank wacker aus allen Gläsern, die man ihm darbot. Auf dem Kopf trug er eine Narrenkappe mit einer klingenden Schelle und überdies zwei Maskengesichter, von denen das vordere lachte und das hintere weinte.

Federzeichnung von Gustav Zindel

Auch die Salzmäste (Taufpatin der Braut) warf nach allen Seiten Pfeffernüsse aus. Bald auch kamen die beiden Herolde hoch zu Roß, bliesen auf ihren Trompeten, und der vielerwartete Hochzeitsschlittenzug setzte sich in Bewegung. Den Vorreitern und Stadtpfeifern folgten die Brautleute mit dem Bild der heiligen Jungfrau; darauf der Brautführer und die Kranzljungfern, neben ihnen der heilige Nikolaus mit zwei Teufeln an der Kette.
 

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Das historische Tor zum Görkauer Friedhof

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Görkau, Stadtpfarrkirche St. Aegidius

 
Es ging in tollem Jagen die Kreuz und Quere durch die Stadt, bis der Zug bei der Kirche ein wenig stockte. Da blies der Hanswurst - Plampatsch auf seiner Trompete und rief in trunkenem Frevelmute zum Friedhof hinein: "Auf ,auf ! Ihr Faulpelze! Heraus aus eueren Nestern! Heut ist Fasching! In der Stadt gibt es noch Besen genug! Die nehmt zwischen die Beine und reitet mit! Halloh! Vorwärts!" Gelächter der Umstehenden folgte, und der Trunkenbold stürzte vom Pferde. Der Zug aber fuhr weiter bis nach Komotau, obwohl der Sturmwind unterwegs das Brautpaar und viele Gäste in den Schnee geworfen hatte. In Komotau trank man Glühwein und die Stimmung wuchs weiter.

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Maskenzug Görkau: Heimkehr von der Zeche

Allein als man aus Komotau hinauszog, hatte sich zu den drei Vorreitern noch ein vierter gesellt. Doch seine Tracht war seltsam. Kohlschwarz vom Kopf bis zu den Sporen, schwenkte er sein schwarzes Banner mit dem Totenkopf. An seiner Schulter hing das schwarze Schild des Sensenmannes. Vielen war es unheimlich zu Mute, wenn er links und rechts an der Schlittenreihe entlang sprengte und gewissermaßen die Hochzeitsgäste zählte. Als es aber finster wurde, da sprühten sogar aus seiner Fahnenstange Funken, die dampften und wie Leichenfackeln rochen. So ging es fort, bis man wieder in Görkau am Friedhof ankam. Da öffnete der Schwarze sein Visier und rief: "Nun komm mit mir, wir zwei voran, die anderen kommen nach."-   "Jesus, Maria!" schrie der Plampatsch, als er den fleischlosen Totenschädel erblickte. Jener aber rief mit laut schallender Stimme: "Heut war ich Euer Gast, zum künftigen Fasching seid Ihr meine Gäste!" Sprachs und verschwand in der Nacht.
Auf dem Tanzboden fand sich dann doch allmählich die alte Fröhlichkeit wieder ein. Als man aber tags darauf nach altem Brauch den Fasching begraben wollte, da erscholl das Totenglöckchen, und man erfuhr, daß der Plampatsch todkrank darniederliege. Drei Tage später lag er auf dem Friedhof bei den Toten, die er zur Maskenhochzeit eingeladen hatte. Ihm folgte zuerst die Braut, eine Kranzljungfer, dann ein Vorreiter, der Brautführer und der Bräutigam.
Es folgte kein Tag, an dem das Zügenglöckchen nicht erklang und ein Leichenzug folgte dem anderen. So dauerte es ein volles Jahr  und nicht weniger als 450 Personen erlagen der schrecklichen Seuche. Am Faschingssonntag rief der Priester dem unglücklichen Volke zu: "Ihr sollt ausziehen, aber nicht in Larven und Maskeraden, sondern in Buß- und Trauerkleidern!" Und so geschah es. Am Faschingsdienstag zogen alle in Trauerkleidern und schwarzen Kleidern durch die Stadt zum Friedhof hin. Und dort erscholl ein lautes Wehgeschrei. In der Kirche las der Pfarrer das Totenamt und vom Chor erklangen der Gesang des "Dies irae" wie an einem Allerseelentage. Von Stund an erkrankte niemand mehr. Wer schon krank war fand Genesung. Acht Sonntage später war die Pestilenz erloschen und der Pfarrer konnte die Pestilenzpredigt halten. Die Erinnerung an jene schreckliche Zeit lag den Görkauern noch lange in den Gliedern und sie haben durch so manche Jahre  keine Hochzeitsmaskeraden am Faschingsdienstag mehr gehalten.